Montag, 2. November 2020

Coronagedanken

Hallo Ihr Lieben. Na, wie geht’s euch? Ich dachte, ich melde mich mal wieder mit einem Blogbeitrag, der nichts mit Büchern zu tun hat. Einfach, weil mir in diesem Jahr schon wieder viele Gedanken durch den Kopf schwirren und ich nun das Bedürfnis habe, sie mal zu Papier auf den Blog zu bringen. 

Corona hat die Welt ja leider fest im Griff und auch wenn nichts von dem, was ich von mir geben möchte, neu ist, ist es mir irgendwie doch ein Bedürfnis. Ich verstehe so viele Menschen, die momentan Angst vor den kommenden Monaten haben oder gefrustet sind. Sei es, weil sie finanziell davon betroffen sind. Sei es, weil sie nicht wissen, was auf sie zukommt. Sei es, weil sie mit der dunklen Jahreszeit psychisch eh schon Probleme haben und es dieses Jahr noch schlimmer wird, weil es weniger gibt, worauf man sich freuen kann. Sei es, weil sie sich Sorgen um Angehörige machen. Sei es, weil sie Kinder haben, die sie nicht betreuen können, wenn Kitas etc. zumachen. Sei es, weil sie in den vergangenen Monaten schon viel zurückgesteckt haben. Ich verstehe auch, dass viele Menschen sich grade ungerecht behandelt fühlen. Vielleicht sind sie Künstler und haben sich Konzepte überlegt, wie sie wieder Auftritte in kleinerem Rahmen ermöglichen können. Oder sie sind in der Gastronomie tätig und haben die Zeit genutzt, um zu renovieren, haben in Luftfilter investiert und die Tische reduziert, nur um nun doch wieder schließen zu müssen. Manche Maßnahmen verstehe auch ich nicht wirklich und ich bin definitiv der Meinung, dass die Politik vor allem in diesen Bereichen jetzt wirklich schnelle, unkomplizierte Hilfe anbieten muss.
Wen ich aber nicht so gut verstehe, sind die Menschen, die Äußerungen tätigen wie „Ich möchte feiern.“, „Ich möchte in den Urlaub fliegen.“ oder „Wir dürfen jetzt bald gar nichts mehr.“

Jetzt mal abgesehen von den Corona-Leugnern, denn ich fürchte, da sind Diskussionen sinnlos: Habt ihr euch mal in anderen Ländern umgesehen? Wir dürfen uns doch auch immer noch treffen, nur halt nicht mit vielen Menschen auf einmal. Und vielleicht schaffen wir es alle, den generellen Kreis einzuschränken. Mir ist manchmal nicht so ganz klar, wieso sich viele Leute da schon in ihren Grundrechten eingeschränkt fühlen. Aber gut, jeder denkt leider anders, ne? Wobei es mir teilweise Angst macht, wie krass die Ansichten mancher Leute sind und dass es in manchen Länder schon gewalttätige Auseinandersetzungen wegen der Maßnahmen gibt. Corona zeigt mir umso deutlicher, dass die Menschheit sich irgendwann selbst abschaffen wird.

Ich für meinen Teil sehe das z.B. so: Ich habe das unfassbare Glück, dass ich beruflich bislang überhaupt nicht betroffen bin. Ich kann ganz normal weiterarbeiten. (Genau wie alle in meinem nahen Umfeld übrigens. Das alleine ist doch schon ein Segen!). Zudem kann ich mich gut alleine beschäftigen und merke sogar, wie ich durch die vergangenen Corona-Monate ruhebedürftiger geworden bin. Daher denke ich, dass es mir ja ein Leichtes ist, mich nun zurück zu nehmen. Also tue ich es. Das bedeutet aber nicht, dass ich alles mit Freuden absage und insgeheim grinse, weil ich endlich eine Ausrede habe. Nee! Ich sag das nur nochmal, weil ich bei manchen Menschen manchmal das Gefühl habe, dass sie das denken. Mir wurde nämlich durchaus auch schon gesagt „Du triffst dich doch mit der und die trifft doch auch andere Leute. Und so ist das bei jedem, den du triffst. Also ist das Risiko doch auch nicht größer, wenn du auf eine Feier gehst.“ Ich sag mal so: Das ist mindestens Ansichtssache ;).
Im Übrigen fehlen uns natürlich auch Konzerte, Festivals etc. Aber ich denke, wenn wir uns alle noch ein bisschen am Riemen reißen, tragen wir hoffentlich dazu bei, dass all sowas schneller wieder stattfinden kann. Klar, keiner weiß, ob und wenn ja, wann es einen Impfstoff geben kann und mir ist natürlich klar, dass man die aktuelle Situation schon rein wirtschaftlich nicht noch 2 Jahre so weiterlaufen lassen kann, aber das Virus ist für alle neu und die Zeit, die bislang da war, um es zu erforschen, ist kurz. Von daher finde ich es ratsam, dem ganzen noch etwas Zeit zu geben.

Ich habe dieses Jahr auf einiges verzichtet, was mir durchaus weg getan hat. Jasmins Polterabend, Sebastians Geburtstag, Lenas Taufe, mein eigener 30. Geburtstag…das und vieles andere haben wir/ich abgesagt. Einfach schon, weil wir einige Leute in der Risikogruppe um uns herum haben (Oma, meine Eltern, Tommys Mama, mein kleinstes Patenkind etc.). Klar finden wir das schade. Aber wir haben für uns beschlossen, dass es sinnvoller ist. Ich hätte auch gerne Toni in Berlin besucht und ihre kleine Tochter kennen gelernt. Oder Svenja in München um mir endlich mal die Stadt zeigen zu lassen. Aber ich halte es für mich für sinnvoll, den Radius dieses Jahr deutlich einzuschränken. Ich möchte auch das nicht pauschalisieren. Wenn es Menschen gibt, die weiter weg wohnen, die aber im Umfeld sonst niemanden haben, dann kann man natürlich auch mal hinfahren und soziale Kontakte pflegen. Aber wenn ich weiß, die Lieben sind nicht alleine, dann ist es doch sinnvoll, wenn jeder in seinem Kreis bleibt. Grade meine Oma oder Tommys Mama können wir diesen Winter unmöglich die ganze Zeit isolieren, wollen sie aber auch keinem unnötigen Risiko aussetzen. Und ich will den Scheiß selbst auch nicht bekommen. Es ist nun mal so, dass man Corona haben kann, ohne es selbst zu wissen oder die Symptome tauchen erst auf, wenn man schon tage infektiös ist. Und dass viele Menschen noch monatelang mit Nachwirkungen zu kämpfen haben, ist auch mittlerweile bekannt. Ich bin nicht der Meinung, dass es wie eine normale Grippe ist und wir damit nun mal klar kommen müssen und alles weiter laufen kann.

Hach…ich merke, wie ich mich schon wieder rechtfertige. Das will ich eigentlich gar nicht. Aber ich wollte nochmal klarstellen: Sollte ich euch abgesagt haben oder es in den nächsten Monaten tun: Das heißt nicht, dass ich euch nicht sehen will ;).

Mit meiner lieben Nachbarin habe ich letztens länger mal drüber gesprochen, weil wir da durchaus auch unterschiedlicher Meinung sind in manchem, und wir haben was Interessantes festgestellt: Es liegt augenscheinlich auch sehr am Umfeld, wie man mit der Situation umgeht. Bei mir zum Beispiel ist es so: Locker 95 Prozent sind genau derselben Ansicht wie ich. Unsere Familien hier wollen auch lieber zu vorsichtig als zu nachsichtig sein und auch der Freundeskreis hält sich extrem zurück dieses Jahr. Unsere Winde-Runden haben exakt zwei Mal stattgefunden, obwohl es sonst monatlich ist und es war auch jedes Mal eine deutlich kleinere Gruppe als sonst. Mein Buchclub berät jedes Mal, ob wir uns treffen oder es online stattfinden lassen. Maike arbeitet im Krankenhaus und ist eh sensibilisiert für das Thema und und und. Liebe geht raus an euch alle <3!!!
Vermutlich bin auch ich einfach wegen meinem Umfeld daher etwas vorsichtiger. Irgendwie habe ich das Gefühl, den Menschen gegenüber respektlos zu sein, die ich sehe und die vorsichtig sind, wenn ich andauernd on Tour wäre. Wisst ihr, was ich meine? Es soll und muss also jeder für sich selbst gucken. Im Radio hab ich letztens einen SPD Politiker sagen hören, dass wir nach Corona alle auch erst mal verzeihen müssten. Und er meine das nicht nur im politischen sondern auch im privaten Bereich. Das fand ich sehr wahr. 

Worauf ich aber eigentlich hinaus wollte: Was macht ihr so, um gut durch die Zeit zu kommen? Wir wollen z.B. schauen, dass wir mit Oma öfter auf einen Tee zusammen sitzen, wann immer möglich draußen und natürlich mit Abstand. Und wir wollen mehr basteln.
Ich lese außerdem viel, häkel und schnappe mir Hörbücher. Und ich schaffe auch mal Dinge, die ich sonst ewig vor mir hergeschoben habe. Schubladen ausmisten z.B.
Das Beste aber ist, dass ich endlich mal die Zeit genutzt habe, um meiner lieben Omi beim Gulasch kochen über die Schulter zu schauen. Deswegen schreibe ich hier überhaupt, weil das nämlich so schön war. 

Wie oft verstirbt ein lieber Angehöriger (außer Oma, die wird mindestens 105! Hab ich ihr schon befohlen ;)) und mit ihm verschwinden allseits beliebte Familienklassiker. Bei meiner anderen Oma war das teilweise so (zum Glück konnten wir aber zum Beispiel ihr weltberühmtes Tonkaplätzchen-Rezept retten ;)) und seitdem denke ich immer „Katja, du musst dir zeigen lassen, wie Oma Gulasch, Rouladen, Rotkohl etc. kocht.“ Mal abgesehen von dem egoistischen Grund, dass man niemals auf so leckere Sachen verzichten will verbringt man so einfach eine schöne Zeit mit deinen Lieben, bekommt alte Geschichte zu hören (z.B. der, in der Oma mal aus Versehen den Gulasch mit Zimt gewürzt hat. Hihi. Tommy fand das war der beste Gulasch ever :D) und zeigt echte Wertschätzung. Habt ihr auch so Familienrezepte, die ihr euch mal zeigen lassen wollt? Oder habt ihr es sogar schon getan, so wie die liebe Janke? Erzählt mal!

Oma spielt das immer runter und tut so, als würde sie nur das Fleisch anbraten und dann Wasser drüber kippen ;) Daher habe ich mich letztens einfach mal selbst eingeladen und ihr über die Schulter geschaut. Ehrlich Leute, man macht das viel zu selten. Ich musste z.B. auch oft daran denken, wenn Tommy und ich im Saarland waren, weil da auch super oft Rezepte von Oma Lore gekocht/gebacken werden (die ich leider nie kennenlernen konnte) und fand es immer so wunderbar, dass die Menschen so weiterleben. Und ich hab nun endlich mal den ersten Schritt gemacht und werde – auch wenn der Fleischkonsum hier deutlich zurück gegangen ist – bald mal selbst versuchen, Omas Gulasch zu kochen. Werde berichten. 

Was ich in der Coronazeit außerdem noch mehr für mich entdeckt habe als eh schon: Briefe und Postkarten schreiben. Videochats sind gut und schön, aber mit mehr als 3 Leuten auch super anstrengend wie ich finde. Und Telefonieren war noch nie meine Lieblingsbeschäftigung (außer mit Svenja komischerweise :D). Und so ein Brief oder eine Karte…ich meine, da hat sich jemand richtig hingesetzt und sich Gedanken gemacht und ich liebe sowas. Bin bei Instagram in einer Postkartengruppe, wir wichteln jetzt für Weihnachten zusammen und werden Pakete verschicken und meine liebsten Brieffreundinnen werden auch bald wieder Post von mir bekommen! 

Habt ihr noch Tipps für die Zeit daheim? Oder habt ihr neue Hobbies für euch entdeckt? Ich hoffe, ihr passt alle auf euch und eure Mitmenschen auf und denkt immer dran: We are all in this together. Küsschen <3

Mittwoch, 21. Oktober 2020

[Kostenloses Rezensionsexemplar] Der Winter des Bären - Kiran Millwood Hargrave

Zusammenfassung: Seit Jahren ist der Eldbjørn-Wald im Griff eines eisigen Winters, der Frühling ist nur noch eine ferne Erinnerung. Hier lebt Mila mit ihren drei Geschwistern. Sie halten fest zusammen und würden einander nie im Stich lassen. Doch eines Tages ist Milas Bruder Oskar plötzlich verschwunden – und Mila ist ganz sicher, dass er entführt wurde. Die Schwestern machen sich auf die Suche nach ihm, begleitet von ihren zwei treuen Schlittenhunden. Einen Verbündeten finden sie in dem geheimnisvollen Zauberer Rune. Er weiß, wer Oskar entführt hat: der Bärengeist Bjørn, der hoch im Norden auf einer sagenhaften Insel lebt und doch eigentlich den Eldbjørn-Wald schützen sollte. Mit Runes magischen Kräften, die Schnelligkeit verleihen und es sogar möglich machen, unter Wasser zu atmen, macht sich Mila auf in den Norden.

Meine Meinung: Sieht dieses Schätzchen nicht toll aus? Habe mich direkt verliebt, als ich es bei Vorablesen entdeckt habe. Ich habe ja, generell aber vor allem was Bücher angeht, ein paar seltsame Angewohnheiten und abgesehen davon, dass ich ein absoluter Coverkäufer bin denke ich manchmal, wenn ich Autorennamen lese "Oh, das könnte jemand sein, der gute Geschichten schreibt." Und ich bitte euch: Welcher Name klingt mehr nach tollen Geschichten als Kiran Millwood Hargrave? Hihi. Ich hätte dahinter zwar einen Mann und keine Frau erwartet, aber das ist ja wurscht.

Jedenfalls habe ich mich sehr aufs Lesen gefreut und wurde nicht enttäuscht. Das russisch angehauchte, moderne Märchen entführt einen in den Eldbjørn-Wald, der im ewigen Winterschlaf liegt. Hat mich natürlich direkt an den ersten Narnia Teil oder an Game of Thrones erinnert. 

Der Hauptfigur Mila und ihren Schwestern macht aber nicht nur der Winter zu schaffen. Nach dem Tod ihrer Mutter ist erst der Vater und nun auch noch ihr Bruder Oskar verschwunden. Das kann Mila einfach nicht mehr auf sich beruhen lassen und so begibt sie sich auf eine abenteuerliche Reise um ihren Bruder - und vielleicht noch mehr? - zu retten. Ich habe die Geschichte vom ersten Moment an geliebt und würde mich so sehr über eine Verfilmung freuen. Pipa ist unglaublich süß und Rune ein toller Charakter! Und ich würde so gerne sehen wie die Stadt Bovnik aussieht. Das ganze Buch erzeugt immer wieder wunderschöne Bilder im Kopf.

"Hier und da breitete sich etwas, das aussah wie eine Wolke, über das Glitzern und Funkeln, doch es war Sternenstaub. Der ganze Himmel glühte, aber nicht so wie beim Himmelsfeuer, bei den bunten Flammen, die in besonders kalten, klaren Nächten manchmal über den Himmel leckten, sonder als wäre die Sonne heruntergefallen und in tausend kleine Stücke zerbrochen."

Spannend wird es natürlich auch und ein bisschen gruselig. Für mich ist wie so oft der einzige Kritikpunkt: Das Buch hätte gerne noch etwas länger sein dürfen. Viele Stellen hätte man noch detailreicher ausbauen können und vielleicht hätte auch der ein oder andere Charakter mehr der Geschichte etwas mehr Tiefe verliehen. Aber so ist es eben ein Buch, das junge und alte Menschen und alle dazwischen. (Ach und an einer Stelle war ich irritiert, weil Mila einen ihrer Schlittenhunde knuddelt und seinen Duft als "keksartig" beschreibt O.o Welcher Hund riecht denn nach Keks? :D)

Schon alleine vom Winterthema her ist es natürlich perfekt für die kommende Weihnachtszeit. Also eine dicke Empfehlung von mir !

Titel und Cover: Dazu muss ich nicht viel sagen, oder? Der Name passt perfekt und das Cover ist toll gestaltet. Die Schrift ist in Gold gehalten und die restliche Gestaltung in Blau und Weiß passt zum Winter. Nicht zuletzt ist das Bild außerdem noch wunderschön. So habe ich mir Mila die ganze Zeit vorgestellt.

Würdest du dieses Buch erneut lesen? Ja. Ich könnte mir vorstellen, dass es ein Weihnachtsklassiker wird bei uns :)


Montag, 5. Oktober 2020

[Kostenloses Rezensionsexemplar] Wundersuche - Thomas Bruckner

 

Zusammenfassung: 
Auf der Suche nach Heilung begibt sich der Reporter Thomas Bruckner auf den Weg durch den Dschungel der Alternativmedizin – als fragender, zweifelnder Beobachter.
Unglaubliche, fantastische Erfahrungen macht Thomas Bruckner, nachdem ihm ein Hirntumor diagnostiziert wird: Obwohl die Schulmedizin empfiehlt, sofort operieren zu lassen, sucht er nach Alternativen. Er begegnet einer Vielzahl von Menschen, die behaupten, außergewöhnliche Fähigkeiten in sich zu tragen. Mit wachem Auge und journalistischem Gespür begibt er sich auf die Spuren der selbsternannten Heiler: Vom bodenständigen Heiler in seinem Nachbarort über Voodoo-Priester in Togo, von Wunderheilern auf den Philippinen, Schamanen in Bulgarien, Teufelsaustreibern in Ghana bis hin zum weltweit bekanntesten Medium, João de Deus in Brasilien, der später als Sexualstraftäter verurteilt wurde, führen ihn seine Reisen. In Thomas Bruckners lebendigen Reportagen tun sich gleichermaßen fesselnde wie irritierende Welten auf.


Es gibt so viele Wahrheiten wie Menschen, Wahrheit ist realitv.


Meine Meinung: Schon das Cover hat mich letztens bei Vorablesen neugierig gemacht und auch der Klappentext klang vielversprechend. Ich selbst sehe mich ja nicht als im klassischen Sinne gläubig, aber ich glaube durchaus daran, dass es auf dieser Welt eine Vielzahl von Kräften gibt, die wir uns (bislang) nicht erklären können. Dementsprechend bin ich vielen - ich fasse es mal ganz grob unter dem Begriff zusammen - esoterischen Dingen nicht abgeneigt und ziehe z.B. für mich Kraft aus kleinen Ritualen, glaube daran, dass jeder Mensch eine Seele hat, die niemals verschwindet usw. Und auch Selbstheilung ist etwas, was mich fasziniert und was ich mir durchaus vorstellen kann. Nicht immer natürlich. Es gibt einfach zu schlimme Verletzungen oder zu schwerwiegende Erkrankungen, aber ich glaube daran, dass bestimmte Gedanken oder Situationen und Gefühle dafür sorgen können, dass man besser heilt.Körper und Geist gehören zusammen.

Ich war daher unglaublich gespannt auf das Buch, habe ich mir doch von einem Menschen in der Doppelrolle eines Journalisten und eines verzweifelt Kranken einen umfassenden und objektiven Bericht erhofft. Nach dem Lesen würde ich sagen: Den hab ich auch bekommen. 

Thomas Bruckner geht mit offenen Augen durch die Welt, verheimlicht seine Krankheit nicht und sucht die Menschen auf, die sich als Heiler bezeichnen und die ihm empfohlen werden. Manche sucht er sich auch aus dem Internet heraus. Das Buch beginnt allerdings quasi mit einem Paukenschlag. Damit meine ich nicht die Diagnose sondern das Erlebnis, das Jahre später dafür gesorgt hat, dass er sich dem Thema Wunderheilung überhaupt so offen widmen kann. Denn lange vor seiner eigenen Erkrankung reist er mit einem kranken Freund nach Brasilien zu João de Deus. Der ist einer der bekanntesten Wunderheiler der Welt und trotz seiner großen Skepsis erlebt er in Brasilien eine absolut wundersame und unerklärliche Zeit. Irgendwann verdrängt er seine Erlebnisse, doch mit der Diagnose kommt auch die Erinnerung wieder zurück, zusammen mit der Frage "Was hab ich zu verlieren?".

Und so nimmt Bruckner uns mit auf Bauernhöfe in Österreich, zu kleinen sektenartigen Kommunen, zu aggressiven Vodoo Zeremonien und sogar in ein schlichtes Seniorenheim. Es geht vom Röntgenblick zum Handauflegen bis hin zu Operationen bei vollem Bewusstsein (googlet mal João de Deus!). Bei vielen Erzählungen von Bruckner hat man selbst direkt das Gefühl "Dieser Wunderheiler ist ein Scharlatan und kann sich einfach nur gut verkaufen.", bei manchen Berichten sitzt man auf der Couch und denkt sich "Das kann doch nie und nimmer so passiert sein.". Allerdings hatte ich zu jeder Zeit das Gefühl, Bruckner berichtet authentisch über das, was ihm widerfahren ist oder was er erlebt und gespürt hat. Auch seine Skepsis behält er zu jedem Zeitpunkt bei und versucht, sich und seine Erlebnisse zu reflektieren. Aber er kommt zu dem selben Schluss, zu dem auch ich beim Lesen gekommen bin: Man kann einfach nicht immer alles erklären.

Lauter billige Kalendersprüche. Das wird nämlich aus Wahrheiten über die geistige Welt, wenn man sie auf die Eindimensionalität des Verstandes herunterbricht und in ein einengendes Regelsystem wie die Sprache hineinzwingen will. Peinlicher Esoterik-Scheiß. Sind es deshalb leere Sprüche oder Lügen? Nein. Aber es sind maximal Halbwahrheiten oder Viertelwahrheiten oder Zehntelwahrheiten, weiß der Kuckuck, wie viele Ebenen es in der menschlichen Wahrnehmung gibt. Und Wörter sind nun mal Ausdrucksmittel des Verstands und somit immer einschränkend.

Verschiedene Fakten spricht er am Ende seines Buches dann auch nochmal konkret an. Wie es um seine Tumorerkrankung steht, was er zu der Verhaftung von João de Deus zu sagen hat (kein Spoiler, kommt direkt zu Beginn des Buches im Text vor!) und wie er weiter vorgehen will. Ich kann dieses Buch also guten Gewissens als journalistischen Bericht weiterempfehlen. Man sollte vielleicht ein bisschen offen für grundsätzliche Spiritualität sein, aber alle, die viel Zweifeln kommen hier durchaus auch auf ihre Kosten.

Da war sie wieder, meine Schwäche, das Zaudern, das Alles-für-möglich-Halten aber letztlich An-nichts-zu-hundert-Prozent-Glauben.

Definitiv mal ein anderes Leseerlebnis, das mich durchaus sehr unterhalten und meinen Horizont geöffnet hat.

Titel und Cover: Gut und passend gewählt. Der Mann (?) auf dem Cover hat eine enorme Ausstrahlung und das Bild hat mich - wie eingangs erwähnt - sofort neugierig gemacht. 

Würdest du dieses Buch erneut lesen? Nein. Einmal reicht :) Wurde weiter verschenkt.

Montag, 17. August 2020

[Werbung / kostenloses Rezensionsexemplar] Der Gepäckträger - David Rawlings

Zusammenfassung: Der dreifachen Mutter Gillian Short graut es vor dem Besuch bei ihrer perfekten Schwester Becky.
Dem ehrgeizigen Geschäftsmann David Byrne droht der Verlust seines Jobs – und seiner Frau.
Der talentierte Michael Downer erhofft sich ein Sportstipendium, obwohl er eigentlich von einem Leben als Künstler träumt.
Drei verwechselte Koffer, die vollgepackter sind, als ihre Besitzer glauben. Drei Menschen, die vor großen Herausforderungen stehen. Und ein junger Mann vom Gepäckdienst, der schon auf sie wartet.

Anmerkung: Dieses Buch habe ich schon so lange beendet, dass ich das Gefühl habe, zeitgleich müsse die Mondlandung gewesen sein. O.o Und obwohl man ja meinen sollte, in diesem Jahr habe ich mehr Zeit, bin ich bislang nicht zum Rezensieren gekommen. Das liegt nicht daran, dass ich ständig auf Achse bin, im Gegenteil. Das Auf Achse sein hat sich dieses Jahr tatsächlich drastisch reduziert. Tatsächlich bin ich momentan aber nicht so viel im Internet unterwegs und nutze die Zeit lieber offline, lese mehr, telefoniere mehr, genieße unseren Balkon, arbeite, beschäftige mich mit mit selbst, meiner inneren Einstellung usw. Brauche Internet momentan nicht so und habe deshalb auch weniger Motivation, andauernd zu bloggen. Seht es mir nach, das ändert sich bestimmt auch wieder. :) Die Zeit ist schon seltsam momentan und auch wenn es mir selbst bislang gar nicht so schadet, so mache ich mir doch arge Sorgen um die Zukunft und lasse momentan auch einiges sausen, worauf ich eigentlich Bock hätte. Es fühlt sich aber momentan nicht richtig an. Letztes Wochenende hat ein richtig cooler Festival-Geburtstag stattgefunden, den ich schweren Herzens abgesagt habe. Die Zahlen in Bochum steigen grade ordentlich an und ich hab doch einige Personen im Umfeld, um die ich mir Sorgen mache und nachdem immer mehr über Corona bekannt wird, muss ich es selbst ehrlich gesagt auch nicht unbedingt bekommen. Und die Grippesaison kommt ja erst noch. *seufz*
Aber ich bin lieber jetzt etwas zu übervorsichtig und höre mir in ein paar Jahren doofe Sprüche dazu an, als in 6 Monaten ein paar Aktionen zu bereuen. Mal sehen, wie es weiter geht.
Jetzt aber mal zum Buch :)

Meine Meinung: Ich habe mich super über den Gewinn gefreut, denn schon die Leseprobe entsprach genau meinem Geschmack. Man lernt David, Gillian und Michael kennen, die alle total unzufrieden mit ihrem Leben sind. Jeder hat eigene Gründe, die eine vergleicht sich ständig mit anderen, der andere lebt den Traum seines Vaters statt seinen eigenen und der Dritte kann seinen Groll einfach nicht ablegen. Mindestens mit einer dieser Personen kann man sich auf die ein oder andere identifizieren.
Als sie dann merken, dass sie ihr Gepäck vertauscht haben, fahren Sie zu einem Industriegebiet, in dem sie ihr Gepäck wiederbekommen sollen. Dort bekommen sie ihr Gepäck zwar wieder, müssen sich dafür aber auch mit ihrem seelischen Gepäck auseinandersetzen...

Der Roman ist für mich ein kleines Gleichnis. Er ist fast schon ein bisschen esoterisch, auf jeden Fall sind ein paar übersinnlich anmutende Situationen enthalten. Aber das bleibt in einem angenehmen Rahmen und driftet nie ins Seltsame ab. Es passt immer zur Situation. Und die Message des Buches ist nichts Neues, dennoch berührt sie mich, weil sie wunderbar auf alltägliche Situationen abgestimmt ist. Das Buch soll einem meiner Meinung nach auch gar nicht sagen, dass es immer unbedingt einen Schlüsselmoment ist, in dem sich alles für einen ändert, aber es regt zum Nachdenken an und macht deutlich, dass man am besten immer bei sich selbst anfängt. Denn man kann nur sich selbst ändern, nicht andere. 

Ich hab es gerne gelesen. Es ist nicht nur ein schönes Geschenk sondern es eignet sich auch für Schulklassen oder Leseclubs, weil hinten im Buch sogar noch verschiedene Diskussionsvorschläge und Fragen zu der Geschichte stehen. Dazu gibt es ein Lesezeichen in Gepäck-Anhänger-Form. I like!

Titel und Cover: Passt beides gut zusammen und auch zur Geschichte. Der Titel ist natürlich zweideutig, was ich ebenfalls mag.


Mittwoch, 13. Mai 2020

[Werbung / kostenloses Rezensionsexemplar] Raffael - Noah Martin

Zusammenfassung: 
Genie, Getriebener, Liebender: »Raffael - Das Lächeln der Madonna« ist der große historische Roman über Raffael Sanzio, der einer der bedeutendsten Maler der Renaissance war und dieses Jahr sein 500-jähriges Jubiläum feiert.
Raffael Sanzio gilt schon mit zwanzig Jahren als neuer Stern am Himmel der Renaissance. Doch es sind unruhige Zeiten in den italienischen Stadtstaaten. Der Maler führt ein rastloses Leben, lernt Michelangelo Buonarroti und Leonardo da Vinci kennen, verliebt sich in die junge Bäckerin Margherita Luti und ist doch ständig auf der Flucht vor den Mächtigen. Als Papst Julius II. ihn nach Rom ruft, um seine Gemächer neu zu gestalten, verstrickt Raffael sich immer tiefer in die Machtkämpfe einer der blutigsten, spannendsten und faszinierendsten Epochen der europäischen Geschichte.

Meine Meinung: 
Ich habe leider etwas länger gebraucht, um dieses Buch zu lesen, was aber mitnichten an dem Buch selbst, sondern eher an viel zu viel Privatkram und Corona lag :)Nun möchte ich aber hier mal endlich kurz Stellung beziehen. Noah Martin hat mit diesem Buch einen richtig fetten Schinken herausgebracht. Sowas schreckt mich aber nicht ab, ich freue mich eher, dass ich viel Zeit mit dieser Geschichte verbringen kann.
Mein erster Wunsch, ein authentisches und gut recherchiertes Setting, ist schon mal erfüllt worden. Man erfährt viel darüber, wie man damals gemalt hat, wie Farbe gemischt wurde und welche Herausforderungen Künstler begegneten. Passend zum Thema beschreibt der Autor alles sehr bildhaft, sodass man direkt alles vor dem inneren Auge sieht. Das liebe ich sehr!

Im Mittelpunkt der Geschichte stehen - selbstredend - Raffael Sanzio, seine Karriere und auch seine heimliche Liebe. In einem zweiten Strang geht es zudem um Daniele, einen guten Freund Raffaels, der eine kirchliche Laufbahn einschlägt. Auch sein Werdegang ist sehr interessant für den Leser.

Es kommen unglaublich viele Personen in dem Buch vor, aber ich fand, man konnte dennoch gut den Überblick behalten. Und zur Not findet man ein Personenverzeichnis im Buch.

Alles in allem ein großartiges und spannendes Werk über die italienische Renaissance. Auch für Nicht-Kunstkenner.

Titel und Cover: Nun ja...der Titel ist nicht besonders originell, aber er passt zweifelsfrei ;) Und das Cover gefällt mir sehr gut, ich denke es zeigt Arbeiten des Malers?! Auf jeden Fall in seinem Stil!

Würdest du dieses Buch erneut lesen? Ja!


Samstag, 11. April 2020

[Werbung/kostenloses Rezensionsexemplar] Das Gewicht der Worte - Pascal Mercier

Zusammenfassung: Seit seiner Kindheit ist Simon Leyland von Sprachen fasziniert. Gegen den Willen seiner Eltern wird er Übersetzer und verfolgt unbeirrt das Ziel, alle Sprachen zu lernen, die rund um das Mittelmeer gesprochen werden. Von London folgt er seiner Frau Livia nach Triest, wo sie einen Verlag geerbt hat. In der Stadt bedeutender Literaten glaubt er, den idealen Ort für seine Arbeit gefunden zu haben – bis ihn ein ärztlicher Irrtum aus der Bahn wirft. Doch dann erweist sich die vermeintliche Katastrophe als Wendepunkt, an dem er sein Leben noch einmal völlig neu einrichten kann.

Meine Meinung: Damals wollte ich Nachtzug nach Lissabon unbedingt lesen. Ich fand das Cover so toll und alle haben davon gesprochen etc. Leider war ich nicht sooo begeistert. Zwar hab ich den Schreibstil gemocht, aber irgendwie bin ich nicht in die Geschichte reingekommen. Mir ist zu wenig passiert. Auch wenn ich schon damals das Talent Merciers bewundert habe, alltägliche Leute und kleine Situationen zu beschreiben. Nun gab es sein nächstes Buch als Hörbuch bei Vorablesen und vor allem überzeugt hat mich beim reinhören der Sprecher, Markus Hoffmann. Er hat eine wunderbare, tiefe Stimme und er liest bedächtig, sodass man ihm einfach Aufmerksamkeit schenken muss.
Nun, wo ich den Roman durchgehört habe, muss ich leider sagen, dass der Sprecher für mich das Beste an diesem Hörbuch geblieben ist. Wie schon bei Nachtzug nach Lissabon wird mir hier einfach zu viel geschwafelt. Die verwendete Sprache, die ist wirklich toll. Und auch hier kann der Autor wieder wunderbar kleine Situationen aus dem Alltag bildhaft beschreiben. Ich mochte es, wie Leyland nach Jahren wieder zurück in London ist und die Stadt erlebt, grade weil ich selbst erst wieder da war. Und ich mag die Liebe zur Sprache und zu Worten, die durch das Buch spürbar und ja auch direktes Thema ist. Aber es passiert einfach zu wenig für mich. Manchmal musste ich mich richtig doll konzentrieren, um überhaupt bei der Sache zu bleiben. Die Grundidee ist vielleicht nicht schlecht. Ein Mann mittleren Alters bekommt eine schlimme Diagnose und krempelt daraufhin sein Leben nochmal um. Aber die Idee ist nicht neu und grade deswegen muss da dann mehr kommen.
Ich hatte ab der Mitte das Gefühl, in einem dicken, zähen Erinnerungsfilm der Hauptfigur zu stecken und hab nur drauf gewartet, dass nun endlich die eigentliche Geschichte losgeht.

Ich fürchte also, ich werde mit Mercier nicht mehr warm in diesem Leben.

Titel und Cover: Beides finde ich einfach toll. Das Cover könnte in Triest aufgenommen worden sein, Leylands Lebensmittelpunkt. Das Mittelmehr spielt für ihn ja seit der Kindheit eine zentrale Rolle, denn er will alle Sprachen lernen, die dort gesprochen werden. Naja und der Titel...dazu muss ich nichts sagen, oder? Er passt zum Buch, er ist wunderbar poetisch und jeder von uns weiß abgesehen davon, wie viel Gewicht manche Worte für einen haben können.

Würdest du dieses Buch erneut lesen? Leider nein.

[Werbung/kostenloses Rezensionsexemplar] Nach Matthias - Peter Zantingh




Zusammenfassung: Amber singt bei einem Konzert gegen ihren Schmerz an; Quentin läuft Kilometer um Kilometer, um der Erinnerung zu entkommen, und Kristianne möchte die wahre Geschichte ihres Sohnes erzählen. Diese Leben und das von fünf weiteren Menschen überkreuzen sich durch Mattias’ unerwartetes Verschwinden auf schicksalhafte Weise. Wie Puzzlesteine fügen sich ihre Geschichten zu einem Abbild von Mattias und werden trotz aller Trauer zu Zeugen seiner Begeisterungsfähigkeit und seines unbeugsamen Mutes, sich dem Leben jeden Tag vorbehaltlos hinzugeben.

Meine Meinung: Mit meinen Rezensionen hinke ich schon wieder meilenweit hinterher, aber jetzt ist Urlaub angesagt und in Kombination mit Corona und daheim bleiben, ist das eine gute Voraussetzung, das mal aufzuholen. Nach Matthias habe ich bei Vorablesen gewonnen und es hat mich interessiert, wie die Angehörigen von Matthias nach seinem Tod mit ihren Gefühlen und ihrem Leben umgehen. Es ist ein leises und trauriges Buch, aber das Einfühlungsvermögen in die einzelnen Situationen hat mich beeindruckt und mir gut gefallen.

Selbst Menschen, die nicht an Gott oder den Himmel glauben, hört man das manchmal sagen. Ich gehe zu ihm oder zu ihr. Dann sind wir wieder zusammen. Rational betrachtet, kann man das nicht denken, wenn man an der Existenz eines solchen Ortes zweifelt, aber wer ist schon rational, wenn der Tod nur eine Armlänge entfernt ist.

Denn Trauer zeigt sich vor allem in den kleinen, alltäglichen Situationen, wenn man plötzlich Erinnerungsflashbacks hat oder daran denkt, dass man dieses und jenes immer zusammen mit der jeweiligen Person gemacht hat. Beispielsweise wenn etwas geliefert wird, was der Verstorbene vor seinem Tod noch bestellt hat. Die Lebensgefährtin, Freunde und die Eltern von Matthias, sie alle müssen irgendwie verarbeiten, dass Matthias nicht mehr da ist und sie tun das alle auf sehr unterschiedliche Weise.
Das hat zwar nicht unbedingt Spaß gemacht beim Lesen, aber es war sehr interessant und nachvollziehbar!

Titel und Cover: Den Titel finde ich genial. So simpel, dass er einfach wunderbar zum Buch und zum Thema ist. Was kommt DANACH? Was passiert NACH dem Tod einer geliebten Person? Das Cover finde ich auf den ersten Blick etwas irreführend, denn es sieht nach Urlaub und guter Laune aus. Andererseits sitzt da eine Person allein am Wasser und blickt nachdenklich in die Ferne, was sicherlich gut zur Situation aller Hinterbliebenen passt. Von daher ist es auch nicht schlecht gewählt.

Würdest du dieses Buch erneut lesen? Nein, ich denke, das ich für mich so ein klassisches Buch, bei dem einmal Lesen und Erkenntnisse mitnehmen reicht :)

Mittwoch, 26. Februar 2020

[Werbung / kostenloses Rezensionsexemplar] Kind dieser Stadt - Juna Nieves

Zusammenfassung: 
Mit seinen fünfundzwanzig Jahren fühlt sich David noch lange nicht bereit für die Erwachsenenwelt. Zunehmend nervös sieht er zu, wie scheinbar jeder seiner Freunde einen Platz im Leben findet. Ein ewiges Gedankenkarussell dreht sich, wenn es um Entscheidungen für die Zukunft geht. Mitten in den letzten Prüfungen seines Studiums wird es dafür jedoch höchste Zeit.Eine junge Frau lässt ihn diese Sorgen zwischenzeitlich vergessen. Ihre Augen strahlen, ihre Schritte sind zielstrebig, wenn sie durch den Park geht. Zufällig beobachtet David sie von seinem Balkon aus. Doch was ist das? Das hübsche Mädel sucht Pfandflaschen im Müll! Kann es sein, dass sie obdachlos ist? Wie ist das möglich? Wie kam es dazu? Diese Fragen lassen David nicht mehr los und so inszeniert er Situationen, um mit ihr in Kontakt zu treten. Doch welche Antworten wird er finden, fernab von seinem gemütlichen Studentenleben?

Meine Meinung: Vor ein paar Wochen habe ich auf Instagram eine Nachricht erhalten. Sie stammte von Juna, die mir erzählte, dass sie grade dabei sei, ihr erstes Buch fertig zu stellen und ob ich mir vorstellen könnte, eine Rezension zu verfassen, wenn es fertig ist.
Sowas ist mir ja erst einmal passiert (also bei zwei Büchern, aber die stammten von der selben Autorin, daher zählt es nicht doppelt) und es ehrt mich einfach unglaublich. Ja klar, der Autor bekommt hinterher eine Rezension von mir. Aber ich bekomme auch ein Buch. Umsonst. Und niemand hat mir gesagt, dass ich eine gute Rezension schreiben soll. Ich habe da keine Vorgaben. Von daher habe ich mich sehr gefreut und sofort zugesagt. Passenderweise trudelte dieses Buch dann genau an dem Tag ein, an dem ich "Ein wenig Glaube" beendet hatte und so habe ich nahtlos weitergelesen.

Ich wusste lange Zeit gar nicht genau, welches Thema das Buch haben sollte und als dann Cover und Klappentext veröffentlicht wurden, bin ich nur noch neugieriger geworden. Ein tolles Thema, das aktuell ist und es sicherlich auch noch lange bleiben wird. Und über das ich bislang auch ehrlich gesagt noch nicht viel gelesen habe, höchstens mal so am Rande. Ich war also gespannt auf die Umsetzung.

Beim Lesen habe ich mich sofort in David verliebt. Wie toll ist dieser Kerl denn bitte? Ehrlich, bodenständig, hilfsbereit, lustig. Er spielt Gitarre und hat einen guten Musikgeschmack. Könnte ja so ein Caracter-Crush werden (ach was, ist es schon :DD). Die Geschichte wird auch hauptsächlich aus seiner Sicht erzählt. Zwischendurch gibt es aber Tagebucheinträge von Jule, aus denen man ein bisschen was aus Ihrer Sicht erfährt.
Nach und nach habe ich dann auch alle anderen Figuren in mein Herz geschlossen. Frau Peters als Davids Ersatzoma, seine Familie (die mich von der Art so sehr an meine erinnert hat <3), seine Freunde, Egon und Jule natürlich. Es gibt hier gar keinen bösen Charakter. Hier sind die Antagonisten eher die Steine, die einem das Leben in den Weg schmeißt. Fand ich toll!

Dann mochte ich, dass die Stammkneipe so einen hohen Stellenwert hat im Buch. Die Freunde treffen sich dort andauernd. Entweder es gibt was zu feiern oder jemand hat ein Problem, das bei einem Bier besprochen werden muss oder es ist einem auch einfach mal langweilig und wer Bock hat kommt auf ein Bier vorbei. Diese Stammkneipen-Kultur geht viel zu sehr verloren und dieses Buch hält die Fahne für genau so kleine süße, mit Herz geführte Stammkneipen mal wieder richtig hoch. So soll's sein. Sucht euch wieder mehr von diesen zweiten Wohnzimmern, Leute!

Aber kommen wir auch mal zum Hauptthema. David verguckt sich in Jule und möchte mehr über die erfahren. Doch offensichtlich ist sie obdachlos. Wie lernt man so jemanden kennen? Wie kam es, dass sie obdachlos ist und wie soll das denn überhaupt funktionieren später, sollten sie sich sympathisch sein? All diesen Fragen nähert sich das Buch sehr taktvoll und, soweit ich das beurteilen kann, sehr realitätsnah. Jules Lebensumstände, die kleinen Hilfen für die Körperpflege, ihre kleine "Straßenfamilie", ihre Angst vor der Zukunft aber auch davor, wieder "ins System einzusteigen" werden sehr gut beschrieben.

Ich frage mich, wie ein Mensch obdachlos wird. Wie so viele Menschen obdachlos werden. Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr Gründe fallen mir ein. Scheinbar lächerliche Gründe, doch sie reichen aus. Mit guter Gesundheit, intaktem Sozialleben, kann einen wenig umhauen. Doch wenn irgendwo ein kleiner Knick ist, kann allein der Jobverlust oder eine Scheidung ausreichen, um einen Menschen zu brechen.

Das Buch ist eine schöne Mischung zwischen nachdenklich, traurig und lustig. Ich habe oft innegehalten und mich gefragt, wie ich mich jetzt fühlen oder verhalten würde. Und mindestens genau so oft habe ich gegrinst.

Mit einem warmen Tee lasse ich mir den Wind um die Ohren pusten und genieße die Aussicht von meinem Dachgeschossbalkon. Draußen ost schon mächtig was los. Im Park stretchen sich ein paar Jogger und ich sehe Hundebesitzer mit Brötchentüten in der Hand. Das ist der Inbegriff von Wochenende. Also nicht das Joggen, sondern Ihnen von hier oben zuzusehen.

Und es gibt so viele kleine Szenen, in denen ich mich selbst wieder erkannt habe. Zum Beispiel bei diesem Satz hier:

Ich finde mich gut und mutig. Gutig also. Während ich mein Wortspiel feiere, kommt von Matthes nur ein Mitleidslacher.

Kennt ihr das, wenn ihr denkt, ihr seid der einzige Mensch auf der Erde, der bestimmte Sachen tut? So geht es mir bei dieser Wort-Kombiniererei. Und dann liest man das plötzlich in einem Buch und denkt "ALTER, DAS MACHE ICH AUCH IMMER!!!" :D.

Nicht zuletzt waren es genau diese kleinen Details, die das Buch für mich so schön gemacht haben. Die Hochzeitsszene mit Egon, die Minzbonbons von Frau Peters, die kleinen Tagebucheinträge von Jule (ich mag es, wenn so "Zwischensequenzen" eingebaut werden und dadurch das Erzählmedium gewechselt wird). Und als Sahnebonbon gibt es am Ende des Buches noch ein zur Geschichte passendes Rezept. Tolle Idee!

Ihr seht also, ich bin schwer begeistert. Meine einziger kleiner Kritikpunkt ist, dass Davids Situation natürlich schon ziemlich perfekt ist. Wenn ihr es lest, dann werdet ihr wissen was ich meine. In der Realität hätten die meisten Paare, die sich so kennen lernen, sicherlich ein paar mehr Probleme. Aber man kann auch nicht alle Probleme zu einem Thema aufgreifen. Und es werden ja, wie schon erwähnt, auch viele Sachen durchaus angesprochen.

Und nun bleibt mir nur noch eines zu sagen: Bestellt euch dieses Buch, macht euch einen Tee und genießt ein paar schöne Lesestunden. Unterstützt noch unbekannte Jungautoren, die mit ihren Büchern die Welt definitiv ein bisschen besser machen.

Danke für dein Vertrauen, Juna! Ich wünsche dir viel Erfolg mit diesem Buch :)

Titel und Cover: Das Cover finde ich total schön. Es sieht so herbstlich aus und natürlich könnte es kein passenderes Bild zu der Geschichte geben, als die Parkbank mit dem Päckchen. Auch den Titel mag ich. Für mich bedeutet er, dass alle Leute, die in einer Stadt leben, dazu gehören sollten. Eben auch die, die keinen festen Wohnsitz haben. Sie sind alle Kinder der Stadt.

Würdest du dieses Buch erneut lesen? Ja. Vor allem wenn ich mal wieder den Glauben an das Gute im Menschen verloren habe, wird mir eine Portion David gut tun! ;)

Mittwoch, 19. Februar 2020

[Werbung / kostenloses Rezensionsexemplar] Im Schatten des Kronturms (Riyria Chroniken 1) - Michael J. Sullivan

Zusammenfassung: 
Hadrian Blackwater, ein Krieger, der im Moment nichts hat, wofür er kämpfen könnte, begegnet Royce Melborn, einem Dieb und Mörder, der nichts hat, was er verlieren könnte. Beide werden von einem alten Zauberer angeheuert, um ein geheimnisvolles Buch zu stehlen. Es liegt in dem uneinnehmbaren Kronturm, der am besten geschützten Festung, die je errichtet wurde. Und nein, es geht nicht um Gold oder Juwelen … Es geht um viel mehr.
Michael J. Sullivan kehrt zurück zu Riyria und erzählt die Vorgeschichte, das heißt die Abenteuer, bei denen Hadrian und Royce erst zusammenfanden.

Meine Meinung: Im Buchhandel hätte ich dieses Buch vermutlich nicht in die Hand genommen. Das Cover spricht mich null an. Aber zum Glück gibt es ja sowas wie Vorablesen, denn dort gab es die Leseprobe und sie hat mich direkt begeistert. Wie man der Beschreibung entnehmen kann, ist dies der erste Band einer Reihe, die die Vorgeschichte der berühmten Diebesbande um Royce und Hadrian erzählt. Ich muss gestehen, dass ich den Namen des Autors zwar schon mal gehört habe, aber ich habe noch nie etwas von ihm gelesen. Ich kenne also auch die anderen Geschichten von Hadrian und Royce nicht. Doch wie der Autor selbst schreibt, ist es eigentlich der perfekte Moment, um einzusteigen. Natürlich kann man alle bereist erschienenen Bände zuerst lesen, die Geschichten sind in sich abgeschlossen, aber da dieser Band vor der bereits erschienenen Reihe spielt, passt es gut, auch damit anzufangen.

In der Geschichte begegnen sich Hadrian und Royce, die eigentlich nichts gemeinsam haben, außer der Tatsache, dass sie sich in der Welt sehr verloren sind. Ansonsten sind sie komplette Gegensätze. Hadrian ist vertrauensvoll und möchte nach einem harten Leben als Soldat dem Töten abschwören. Royce hat all sein Vertrauen in die Menschheit verloren und will eigentlich nur eins: Überleben. Wenn dafür andere sterben müssen, ist das ein durchaus akzeptabler Nebeneffekt für ihn.
Die beiden sind ein grimmiges Gespann, das nur über Sarkasmus kommunizieren kann und über das man als Leser nur den Kopf schütteln und zwischendurch schmunzeln kann. Das Zusammenspiel der Beiden ist definitiv der Kern der Serie. Ich liebs!

"Ich töte nicht gern."
"Ich bin nicht dumm und habe das inzwischen verstanden. Die Frage ist, warum nicht? Hat Arcadius mich angeschwindelt? Handelst du etwas nur mit Schwertern und trägst deshalb so viele mit dir herum? Hat er dich deshalb mit mir geschickt damit du lernst zu töten?"
"Ich habe mehr als genug Menschen getötet, glaub mir."
"Was ist dein Problem?"
"Ich bin zu der Erkenntnis gekommen, dass es falsch ist."
"Entschuldige? Sagtest du falsch?"
"Ja, falsch, also das Gegenteil von richtig."
"Wie alt bist du? Glaubst du auch noch an gute Feen, die wahre Liebe und dass man sich bei einer Sternschnuppe etwas wünschen darf?"
"Du glaubst nicht an richtig und falsch? Gut und schlecht?"
"Doch, klar, richtig ist, was gut für mich ist, und schlecht, was ich nicht mag, und das ist dann wirklich ganz falsch."

Parallel zu der Geschichte der beiden ungleichen Diebe gibt es einen zweiten Erzählstrang, bei dem der Leser von Gwen erfährt. Gwen lebt als Prostituierte in einer Schenke und bekommt mit, wie ein Freier eine ihrer Kolleginnen aus reiner Mordlust umbringt. Weder ihr Chef noch der zuständige Wachtmeister der Stadt unternehmen etwas. Da beschließt sie, die anderen Mädchen und sich selbst zu retten, kratzt all ihre Ersparnisse zusammen und flieht in ein baufälliges Haus. Dort wollen die Frauen selbst ein Bordell eröffnen. Doch das wird nicht so einfach, zumal sich Gwen mit ihrer Aktion gleich mehrere Feinde gemacht hat. Aber sie bleibt stark, immer mit dem Hintergedanken im Kopf, den ihre verstorbene Mutter ihr mitgegeben hat: Sie ist dazu bestimmt, einem Mann zu helfen, der eines Tages verletzt an ihre Tür klopfen wird. Er ist ihr Schicksal...

Die Geschichte ist brutal, düster und spannend. Humor kommt nicht zu kurz und es gibt immer wieder Momente, die einem trotzdem ein wohliges Gefühl geben. Jedes Mal, wenn Royce und Hadrian widerwillig über den anderen Grinsen. Oder die Szene, wo Hadrian in Iberton ratlos vor der großen Auswahl an Bier steht. Und dann ist da noch Pickles, den Hadrian ganz zu Beginn trifft und den ich sofort in mein Herz geschlossen habe. Und nicht zu vergessen der fette Plot Twist am Ende.

Leute, ich kann es nicht anders sagen: Ich bin süchtig, direkt nach dem ersten Buch. Ich hüpfe jetzt rüber zu Medimops und bestelle mir die anderen bereits erschienenen Bücher. Reihenfolge hin oder her, ich schaffe es niemals, zu warten, bis Sullivan die restlichen Bände geschrieben hat, die zeitlich vor den bereits veröffentlichten Bänden spielen. Ich liebe die Figuren schon zu sehr.

Zusätzlich war mir das Nachwort so sympathisch, wie es sonst nur bei Fitzek der Fall ist. Chapeau!!!

Titel und Cover: Wie schon erwähnt, das Cover mag ich nicht. Der Turm passt wunderbar und sieht auch gut, aber die Bilder der beiden Männer (die ganz klar Royce und Hadrian sein sollen) machen irgendwie einen billigen Eindruck. Also einfach im Sinne der Bildqualität. Hätte es viel besser gefunden, wenn man den Turm im Gebirge so gelassen hätte und unten auf einem kleinen Pfand zwei vage Gestalten zu erkennen wären. Den Titel finde ich gut. Vor allem im Bezug darauf, dass es eine Reihe wird, kann man wunderbar jedem Buch dem passenden Titel entsprechend dem Auftrag des Diebesbande geben.

Würdest du das Buch erneut lesen? Jaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa!!!!


Montag, 17. Februar 2020

[Werbung / kostenloses Rezensionsexemplar] Ein wenig Glaube - Nick Butler

Zusammenfassung: Ein schmerzhaft-schöner Familienroman, der die Macht und die Grenzen des Glaubens mit besonderem Feingefühl erkundet: Lyle und Peg Hovde empfinden es als großes Glück, dass ihre Tochter Shiloh samt Enkelsohn wieder nach Hause zurückgekehrt ist. Doch bald treibt Shilohs neue Glaubensgemeinschaft einen Keil in das harmonische Familienleben. Als sich abzeichnet, dass auch der fünfjährige Isaac in die Fänge der Sekte geraten könnte, müssen die Großeltern eine folgenschwere Entscheidung treffen, die die Familie vollends entzweien könnte.

Meine Meinung: Das Thema Sekten hat mich aus irgendeinem Grund schon immer sehr fasziniert und daher wurde ich direkt hellhörig, als ich den Klappentext gelesen habe. Die Leseprobe war dann auch richtig gut und so habe ich mich riesig gefreut, als ich die Mail mit der Gewinnbenachrichtigung bekommen habe. Die Geschichte wird ausschließlich aus der Sicht von Lyle, also von Isaacs Großvater erzählt, springt aber in der zeitlichen Abfolge ein bisschen hin und her. Für das Verständnis der Geschichte ist das aber nicht hinderlich, im Gegenteil. Die Rückblicke aus Lyles und Pegs Anfangszeit, aus Shylos Kindheit und Jugend fügen sich eher zu einem Gesamtbild und liefern die ein oder andere Erklärung. 

Ich war fasziniert von dem erzählerischen Talent des Autors. Ohne Effekthascherei schafft er es, langsam und subtil Spannung aufzubauen. Erst ist noch alles gut, während Shyloh mit Isaac bei ihren Eltern wohnt, dann sollen sie mal mit zu ihrer Kirche kommen, dann kommt sie mit Steven zusammen...
Das Buch ist nach Jahreszeiten unterteilt und zwischendurch beschreibt Butler die Gegend, in der Plye und Peg wohnen, und wie sie sich im Laufe der Jahreszeiten verändert. Das wirkte auf mich wie eine kleine Pause von der Geschichte und hat dennoch wunderbar hineingepasst.
Hinzu kommt das zweite Thema: Lyles bester Freund Hoot bekommt eine Krebsdiagnose und Lyle und seine Familie versuchen, ihn so gut es geht zu unterstützen. Einerseits fügt sich diese Handlung natürlich wunderbar in die Haupthandlung ein und andererseits passt es einfach gut zum Thema des Buches. Wie wichtig ist Glaube? Wie sehr kann er helfen? Wie sehr schaden? Ab wann ist es keine Gemeinde mehr, sondern eine Sekte?

Mir haben die vielen unterschiedlichen Ansätze im Buch unglaublich gut gefallen. Wie schon oft gesagt, ich finde es grandios, wenn ein Buch es schafft, mich nachdenklich zu machen. Meine eigene Meinung zu hinterfragen. Im Idealfall erweitert es meinen Horizont und bringt mich dazu, Dinge aus einer mir bislang unbekannten Perspektive zu betrachten. Ich selbst halte es in Glaubensfragen wohl größtenteils mit Otis:

"Ich habe noch nie verstanden, was das soll - eine organisierte Religionsgemeinschaft", sagt Otis schließlich. "Sei ein guter Mensch. Tu niemand anderem weh. Betrüge nicht und sei nicht gierig. Das scheint mir doch ziemlich simpel zu sein. Da brauche ich doch keine verdammte Anleitung, die mich auf dem Pfad der Tugend hält. Oder ein paar Steinplatten, in die der Blitz etwas eingraviert hat. Oder irgendeine himmlische Belohnung. Ich brauche auch keinen besonderen Wochentag, der für so etwas reserviert wird. Alle Tage sind wichtig, jeder einzelne."

Wobei ich durchaus auch an sowas wie Schicksal glaube, aber eher in der Hinsicht, dass jedes Ereignis einen Sinn hat (das setzt aber auch eine gewissen Bereitschaft voraus, das so zu sehen) und an etwas Größeres, was wir (noch) nicht begreifen, beweisen oder erklären können.
Fakt ist, dass der Autor so wunderbar schöne und traurige Momente zusammenfassen kann. Insgesamt hatte das Buch eine sehr melancholische Grundstimmung, was vielleicht an Lyle als Hauptcharakter lag. Ich war beeindruckt, wie lebensecht und nachvollziehbar viele Situationen beschrieben wurden. Selten habe ich Szenen beim Lesen so genau vor Augen gesehen. Das ist schon echte Kunst!
Und andauernd habe ich mich gefragt, wie ich an Lyles und Pegs Stelle reagiert hätte und inwiefern sie überhaupt etwas hätten ändern können. Ich kann es nicht sagen. Sie waren mir als Charaktere jedenfalls unglaublich sympathisch und lebensecht und ich habe bei vielen von Lyles Ansichten innerlich bestätigend genickt. Ein tolles Paar :)

Lyle hatte schon oft gedacht, dass die von so großspurigen und grausamen Männern regierte Welt im Grunde genommen von Frauen wie Peg zusammengehalten wurde. Von Frauen, die im Stillen litten, die eine unermessliche Liebe verströmten und die am Ende eines jeden Tages alles wieder zusammenflickten, nachdem sie jedem das Gesicht gewaschen, den Bauch gefüllt und seine Ängste beschwichtigt und vertrieben hatten. Und am nächsten Morgen fingen sie damit wieder von vorne an, ohne jeden Tusch, ohne jede Fanfare.

Die Geschichte beruht übrigens auf einer wahren Begebenheit (eigentlich und leider sogar auf vielen wahren Begebenheiten) und macht daher nur noch nachdenklicher. 

Titel und Cover: Titel ist perfekt gewählt, er hat von Beginn an gepasst, aber nach dem Lesen ist er noch viel treffender. Immer dieser Zweifel, ob man nun einfach nur ein bisschen stärker glauben muss oder ob man nicht anfangen sollte, misstrauisch zu werden. Auch das Cover gefällt mir. Es zeigt die ländliche Gegend, in der Lyle und Peg wohnen und durch die Streifen, die das Bild älter wirken lassen, findet Lyles Gefühl Ausdruck, dass ihm die Zeit für alles davonrennt und sich alles verändert, während er nicht hinterher kommt. Sehr schön gemacht!

Würdest du dieses Buch erneut lesen? Ja!

Mittwoch, 12. Februar 2020

[Werbung / kostenloses Rezensionsexemplar] Highland Hearts (Liebe auf den zweiten Blick) -



Zusammenfassung: Um ihre Eltern zu unterstützen, jobbt die Studentin Santana in einer Reiseagentur. Niemals hätte sie mit ihrem neuesten Auftrag gerechnet: Tyler „Hawk“ Vaughn, das bestbezahlte und begehrteste Männermodel Amerikas, soll in den Highlands für eine Werbekampagne fotografiert und währenddessen von Santana betreut werden. Dabei machen ihr nicht nur ihre wichtigtuerische Chefin und die eifersüchtige Produzentin das Leben schwer, sondern auch Hawk selbst, der sich als egozentrisch und arrogant entpuppt. Santana würde am liebsten das Handtuch oder wenigstens irgendetwas nach diesem unverschämten Kerl werfen, denn er raubt ihr den letzten Nerv. Zumindest bis er sich bei einem Dreh in den Highlands von einer anderen Seite zeigt, die ihr Leben gehörig durcheinander wirbelt …

Meine Meinung: Hab ich als E Book bei Lovelybooks gewonnen und ich hab nur wegen dem Titel "Highland Hearts" mitgemacht. Sobald irgendwas nach Schottland aussieht oder klingt, bin ich dabei, was soll ich machen. Das ist wie mit Harry Potter :D Aber auch wenn es nach Schnulze aussieht: So schlecht war es gar nicht. Dass es jetzt nicht super tiefgründig wird wissen wir alle und auch, dass es ein Happy End gibt, ist hier zu erwarten, aber das macht nichts. Manche Bücher haben wirklich einfach nur den Zweck, dem Leser kurzweilige Unterhaltung zu bieten. Und die hatte ich hier definitiv.

Santana ist als Hauptfigur erfrischend selbstbewusst, ehrlich und direkt. Dazu gesellt sich ein spannender Modegeschmack, der mich zwischendurch hat komisch gucken lassen :D Sie befindet sich in der misslichen Lage, dass ihre Familie Geld braucht, weil ihr Vater einen Unfall hatte und vorübergehend nicht arbeiten kann. In dem Glauben, ihren gemütlichen alten Job in einem Reisebüro anzutreten, will sie ihren Eltern unter die Arme greifen. Doch der Auftrag um das Model Hawk Vaughn bringt ordentlich Wirbel in die Agentur und so startet eine aufregende Reise durchs wunderschöne Schottland.
Evie und Rita sind mir schon nach 5 Minuten tierisch auf den Sack gegangen und ich fand es immer unrealistischer, dass die beiden erfolgreiche Geschäftsfrauen sein sollen, doch natürlich gehörte es zum Buch, dass sie einfach ein bisschen überspitzt dargestellt wurden. Und ich sag mal so...wo Geld steckt, entwickeln sich ja oft komische Allüren, gell? Dafür waren mir die restlichen Personen sehr sympathisch. Es gab immer mal wieder ein paar unlogische Dinge für mich, z.B. dass Paul das Geflirte seiner Frau mit Hawk so kommentarlos über sich ergehen lässt, aber dafür haben mir andere Sachen auch sehr gut gefallen.
Zum Beispiel wird schnell klar, dass Hawk irgendein Problem mit sich herumschleppt und ich hatte schon Sorge, dass da nun eine richtig unrealistische Story kommt, so war es aber gar nicht. Im Gegenteil, den Part fand ich sogar mal sehr realistisch. 
Richtig toll war natürlich auch, mit der Crew quasi durch Schottland zu reisen, denn an vielen erwähnten Orten waren Tommy und ich 2017 selbst, weshalb ich mir alles wunderbar vorstellen konnte und sich richtiges Urlaubsfeeling eingestellt hat. Und dann gab es noch so Kleinigkeiten wie die urig beschriebenen Unterkünfte und die Tatsache, wie sehe Santana ihre tägliche Tasse Tee genossen hat. Das fand ich einfach schön :)

Am Ende ging es mir nochmal ein bisschen gegen den Strich, dass Santana sich - meiner Meinung nach - so komplett unlogisch verhalten hat, dafür fand ich die Schlussszene mit Jane wieder sehr sympathisch.

Alles in allem ließ sich das Buch flott lesen und hat mich unterhalten. Sicherlich hätte man manches etwas "runder" Schreiben können, aber ich habe viel gegrinst und mich über den Schottland Content gefreut. Also was Nettes für Zwischendurch :)

Cover und Titel: Ich finde den Titel gar nicht schlecht gewählt. Er passt zur Story, selbst das Pärchen oben könnten wirklich auch von den Beschreibungen her Santana und Hawk sein. Und der untere Teil lässt natürlich das Herz jedes Schottland Fans höher schlagen und man weiß sofort, wo der Roman spielt. Das verrät einem natürlich auch der Titel. Den mag ich allerdings nicht so. Liebe auf den zweiten Blick passt schon nicht so gut, zumindest von Hawks Seite aus. Bei Santana schon eher, allerdings ist mir das dennoch zu platt. Nur Highland Hearts hätte dann vielleicht gereicht. Oder sowas lustiges wie "Mit Limousinen durch die Highlands?". Das würde auch passen und würde außerdem neugierig machen.

Würdest du dieses Buch erneut lesen? Hmm...ich denke eher nicht. Könnte mir höchstens vorstellen, das Buch in einem Schottland Urlaub nochmal rauszuholen :)

Dienstag, 11. Februar 2020

[Werbung / kostenloses Rezensionsexemplar] Das Wolkenschiff (Aufbruch nach Südpolaris) - Vashti Hardy



Zusammenfassung: 
Die mächtige Geografische Gesellschaft hat zu einem Wettlauf ausgerufen: Dem Forscher, der als Erster das noch unentdeckte Südpolaris erreicht, winken Geld, Ruhm und Ehre. Ernest Brightstorm, der Vater der Zwillinge Arthur und Marie, hat sich mit seinem Wolkenschiff auf den Weg zum südlichsten Punkt der Welt gemacht. Gespannt warten die Geschwister auf seine Rückkehr.Doch dann erreicht sie eine beunruhigende Nachricht: Ernest Brightstorm wird vermisst! Arthur und Marie heuern bei einer Expedition der waghalsigen Forscherin Harriet Culpfeffer an, die ebenfalls mit ihrem Schiff Südpolaris erreichen will. Die Zwillinge hoffen, so eine Spur ihres Vaters zu finden. Werden die Kinder auf ihrer abenteuerlichen Fahrt die Antworten bekommen, auf die sie hoffen?

Meine Meinung: Bei Vorablesen gibt es eine neue Rubrik: Vorablesen Junior. Ich dachte, ich schaue da ab und zu mal rein und mache vielleicht bei interessanten Büchern mit, um sie dann an meine Patenkinder zu verschenken....Jaaaa, guter Plan, ist aber schon direkt beim ersten Buch fehlgeschlagen. Denn das hat mir so gut gefallen, dass ich es selbst behalten werde. :D Typisch. Aber an dem Buch hat mir einfach alles gefallen. Die wunderbaren Namen der Charaktere (Everest Wrigglesworth), Orte (Lontown - zielt ja wohl eindeutig auf London ab. Jedenfalls hab ich mir die Stadt genau so vorgestellt, aber nicht zur heutigen Zeit sondern eher so im viktorianischen Zeitalter) und Lebewesen (Weisewesen!) in dem Buch, die vielen kreativen Ideen und die Geschichte an sich.
Ja, es ist ein Buch für Kinder, aber hier kommen beim Lesen auch Erwachsene auf ihre Kosten. Arthur und Marie kämpfen sich durch verschiedene Episoden in ihrem Leben und manchmal ist das Buch wirklich traurig, aber genau so gibt es tolle Momente und die beiden geben nie auf. Es gibt Intrigen, tiefe Freundschaften und überraschende Wendungen. Ich hätte selbst so gerne mal Felicitys Moorkekse probiert, die Eiswale gesehen oder die Gedankenwölfe kennen gelernt. Hach....also wenn Harriet Culpfeffer (noch so ein geiler Name! :D) mich mal fragt, ob ich mit ihr auf Entdeckungsreise gehen möchte, dann würde ich keinen Moment zögern!

Als kleinen Bonus empfinde ich es übrigens immer, wenn im Buch etwas besonders schön gestaltet ist. Hier waren es die ersten Seiten eines jeden Kapitels:

Sieht einfach etwas besser aus als eine schlichte Zahl!

Das ist für mich so ein Buch, welches bei Kindern die Freude am Lesen wecken kann. Und sind das nicht die kostbarsten Bücher überhaupt? Ich habe mich jedenfalls sehr gefreut, dass das Ende einen zweiten Teil ermöglicht und hoffe so sehr, dass dieser auch kommt. Vashti Hardy hat hier einen ganz großen neuen Fan gewonnen! Und ich verspreche, ich kaufe einfach ein paar neue Exemplare, wenn meine Patenkinder alt genug sind, um dieses Buch zu lesen <3

Titel und Cover: Das Cover ist wunderbar gewählt, weil es viel zu entdecken gibt und man gerne einen Moment länger drauf schaut. Also auch perfekt für Kids. Dass es thematisch passt, muss ich nicht extra erwähnen. Genau so sieht es mit dem Titel aus. Nur "Das Wolkenschiff" wäre mir vielleicht etwas zu simpel gewesen, aber zusammen mit dem Untertitel klingt es spannend und gibt außerdem eine wunderbare Möglichkeit, die nächsten Teile angepasst zu benennen.

Würdest du das Buch erneut lesen? Darauf könnt ihr euch verlassen. Und ich werde es jedem empfehlen, der ein Geschenk für sein 8-12 jähriges (Paten)Kind sucht!

Donnerstag, 6. Februar 2020

[unbezahlte Werbung] Das letzte Relikt - Robert Masello

Zusammenfassung: In einer Höhle am italienischen Lago d'Averno in der Nähe von Neapel wird ein in einem Fels eingeschlossenes Fossil entdeckt. Es weist Klauen, aber auch Aspekte der Menschenartigen auf - nur dass es viel zu alt ist, um zu dieser Gattung zu passen. Professor Russo lässt das Fossil nach New York transportieren, wo er gemeinsam mit Carter Cox, einem befreundeten Paläontologen, weitere Untersuchungen vornehmen will. Bei einem Unfall im Labor erwacht die im Fels eingeschlossene Kreatur zum Leben. Ein Mitarbeiter wird getötet und Russo schwer verletzt. Er schwört, dass er ein lebendes Wesen aus Licht gesehen hat. Carter Cox hat Mühe, Russos Geschichte zu glauben, versucht aber, der Wahrheit auf die Spur zu kommen - und bringt sich und seine Frau Beth, eine Kunsthistorikerin, in Gefahr.

Meine Meinung: Das ist auch so ein Exemplar, das durch meine Aufräumaktion letztens zu Tage gefördert wurde und auch wenn ich null Ahnung habe, wo das Buch herkommt, ich hatte mal wieder richtig Lust auf einen Mystery/Wissenschaftsthriller. Ich liebe einfach Bücher, die sich zwar mit Übersinnlichem beschäftigen, aber die einem trotzdem nicht so völlig abgedreht vorkommen. Wisst ihr, was ich meine? Wenn man beim Lesen das Gefühl bekommt, dass es tatsächlich so sein könnte...das macht das Lesen gleich um ein Vielfaches spannender.

Das Buch teilt sich in drei Abschnitte. Im ersten wird im Prolog erzählt, wie ein junges Paar in den Flitterwochen in einer Höhle auf ein Fossil stößt. Russo wird als Experte dorthin beordert und nimmt Kontakt zu seinem Freund Carter in New York auf. Fast hat Joe ein schlechtes Gewissen, denn jeder, der mit dem Fossil in Kontakt kommt, überkommt ein komisches Gefühl und alle möchten so schnell wie möglich wieder weg. Aber es könnte eine große Entdeckung werden...
Carter ahnt währenddessen noch nichts von Joes Vorahnungen und freut sich auf die Zusammenarbeit mit seinem alten Freund. Nebenher hat er außerdem anderen Gedanken im Kopf, denn mit seiner Frau läuft es besser denn je und sie möchten eine Familie gründen.
Im zweiten Teil bekommt dann auch Carter erste Zweifel, denn es geschehen einfach zu viele seltsame Dinge. Nicht alles lässt sich immer mit Zufall erklären. Dabei ist er doch ein Mann der Wissenschaft...

Carter traft andauernd auf solche Leute, selbst unter seinen Studenten, und es machte ihn wahnsinnig. Diese Faszination für die Pseudowissenschaft in all ihren Spielarten, von den Tierkreiszeichen bis zur Kabbalah, von Feng Shui bis Hellseherei, von der Kraft der Pyramiden bis zur Rückführung in vergangene Leben. [...] Es gab so viel Erstaunliches auf der Welt, wahr und trotzdem nahezu unglaublich, dass Carter diese Faszination durch das offensichtlich Fadenscheinige und Unbegründete nie begriffen hatte. 

Im letzten Teil entbrandet dann der Kampf. Ich konnte das Buch nicht weglegen. Ich mochte die Charakere. Der gemütliche Joe, der wissbegierige Carter, Ezra als Eigenbrödler und Visionär mit schon fast ungesundem Forscherdrang und nicht zuletzt Arius. Ihn fand ich am besten weil er für mich unglaublich authentisch rüberkam. Genau so würde ich mir "jemanden wie ihn" vorstellen ;).
Hinzu kamen Kleinigkeiten wie die Beziehung zwischen Beth und Carter. Sehr liebevoll und gefestigt. Oder auch die wissenschaftlichen und geschichtlichen Details. Ich hatte immer das Gefühl, gut mitzukommen, ohne das seitenlang erläutert wird. Aber man hat gemerkt, dass der Autor sich durchaus Gedanken gemacht und recherchiert hat.

Insgesamt also eine wunderbare Story. Ich kann sie mir auch sehr gut als Verfilmung vorstellen!

Titel und Cover: Ich gestehe, dass mich das Cover im ersten Moment in die Irre geführt hat. Ich hatte eine völlig andere...wie soll ich mich ausdrücken...Kreatur erwartet. Doch nach dem Lesen des Buches macht das Cover richtig Sinn mit dem vorne hervorgehobenen klassischen Fossil und den dunkleren Flügeln im Hintergrund. Das finde ich sehr gelungen. Der Titel gefällt mir an sich auch gut, auch wenn ich mich stellenweise gefragt habe, weshalb es nicht "Das erste Relikt" heißt. Aber beides lässt sich so und so begründen, von daher bin ich damit völlig d'accord. :)

Würdest du dieses Buch erneut lesen? Ja. Deswegen bleibt es auch brav in meinem Regal stehen. Kleiner Tipp: Wenn ihr sowas mögt, dann lest unbedingt auch "Eisiges Blut" vom selben Autor. Ist auch richtig spannend!

Dienstag, 28. Januar 2020

[unbezahlte Werbung] Dunkelgrün fast schwarz - Mareike Fallwickl

Zusammenfassung: 
Drei Freunde, eine zerstörerische Abhängigkeit und eine folgenschwere Liebe

Moritz und Raffael waren schon als Dreijährige beste Freunde. Doch dann taucht eines Tages eine Neue in der Schule auf: Johanna. Vom ersten Augenblick an sind beide von ihr fasziniert. Eigentlich ist klar, wer die Zuneigung des Mädchens gewinnen wird. Schon immer war Raffael der Selbstbewusste, der mit dem entwaffnenden Lächeln, und Moritz nur der Mitläufer. Doch Johanna spielt ihr eigenes Spiel – bis die Freundschaft der beiden Jungen zerbricht. Jetzt, 16 Jahre später, steht Raffael plötzlich vor Moritz‘ Tür. Und auf einmal scheint die Vergangenheit wieder da zu sein, die Erinnerung an ihre Jugend und an all das, was zwischen ihnen kaputtgegangen ist – und an Johanna, die immer noch zwischen ihnen steht.

Meine Meinung: Ich muss zugeben, ganz von alleine wäre ich nicht auf die Idee gekommen, mir dieses Buch zu kaufen. Der Klappentext hätte mich einfach nicht genug angesprochen, auch wenn ich den Titel und das Cover ansprechend finde. Aber eine Zeit lang wurde das Buch bei vielen Instagram Profilen sehr gelobt und irgendwann war ich dann zu neugierig und habe mir das Buch bei der Buchhandlung bestellt. Dann lag es nochmal einige Monate bei mir rum, doch nach meiner letzten Aufräumaktion in meinen Bücherregalen fiel es mir wieder in die Hände und ich dachte "Komm, probier es halt mal."
Und dann hat mich dieses Buch gefangen genommen. Es hat mich in einem richtigen Sog mitgerissen, aus dem ich nicht mehr raus gekommen bin.
Die Autorin lässt neben Moritz und Raf auch Johanna und Marie (Moritz' Mutter) zu Wort kommen. Aus vier verschiedenen Perspektiven erzählt sie die Entwicklung der Freundschaft der drei Kinder über die Jahre hinweg. Dabei gibt es logischerweise auch immer wieder Zeitsprünge, doch ich wusste immer schnell, wo ich grade bin und wie ich es zeitlich einzuordnen habe.

Relativ schnell war ich als Leser dann gefangen, denn die Autorin webt ein regelrechtes Netz aus Faszination und Abscheu. Faszinierend war die wunderbare Sprache und der Tiefgang, mit dem erzählt wird.

"Scheiß dich nicht an", sagte Raf und marschierte weiter hinein ins Dunkle, als könne er etwas sehen, als hätte auch er eine andere, vielschichtigere Wahrnehmung, in seinen Augen Linsen aus Mut für einen zuversichtlicheren Blick auf die Welt. Die ganze Sache war genau so, wie mit Raf befreundet zu sein. Das Schlimmste und das Beste zugleich.

Entsetzt war ich hingegen von den menschlichen Abgründen, die sich aufgetan haben. Raf war mir teilweise so unsympathisch, dass ich am liebsten höchstpersönlich losgezogen wäre, um Moritz zu schütteln und ihn anzuschreien, er solle sich endlich von dieser toxischen Person lösen. Dieser unbändige Spaß, den er hat, wenn er andere Menschen demütigen und verletzen kann....
Marie hat mich zeitgleich wahnsinnig gemacht mit ihrer defensiven Art. Im Prinzip ist es kein Wunder, dass Moritz nicht von Raf loskommt, denn Marie lebt es ihm in keiner Hinsicht vor. Währenddessen fand ich Johannas Leben als Erwachsene oft so dermaßen entwürdigend, dass ich richtig das Gesicht verzogen habe beim Lesen.

Alle Personen wurden sehr glaubhaft beschrieben und ich bin mir sicher, dass es genau solche Beziehungen viel zu oft auf der Welt gibt. Fallwickl betreibt hier wirklich exzellente Charakterforschung. Was treibt die Menschen an? Wie sehr sind sie Kinder ihrer Eltern? Wieso verhalten wir uns, wie wir uns verhalten? Wieso verletzen wir Menschen und wieso lassen wir uns immer wieder von den selben Leuten verletzen?

Die Hoffnnung ist ein Arschloch. Und weißt du nicht, dass die Frauen immer glauben, dass die Männer wollen und nur nicht können, dass die Männer so viel sagen möchten und bloß die Worte nicht finden, die Frauen glauben an die Liebe, beißen sich fest wie Piranhas.

Am meisten überrascht hat mich, dass ich dennoch immer mal wieder zwischendurch für jeden von ihnen Verständnis aufbringen konnte. Auch das gelingt bei solch absurden Verhaltensweisen nur geschickten Autoren. Kurzum: Ich konnte nicht aufhören zu lesen. Es hat mich nicht glücklich gemacht, so eine Geschichte ist das hier wahrlich nicht, aber es hat mich einfach nicht losgelassen. Die Geschichte ist echt, schockierend wie ein Thriller und doch in vielem so alltäglich, dass es einem ein mulmiges Gefühl macht. Weil ich glaube, dass man schneller in sowas reinrutscht, als man meint. Ich selbst würde mir sicherlich nicht alles gefallen lassen, was Johanna oder Moritz sich haben gefallen lassen. Andererseits ist mir beim Lesen eine "Schulfreundin" eingefallen, die ich in der 1. und 2. Klasse hatte und die mir immer wieder gesagt hat, sie wäre nicht mehr meine Freundin, wenn ich mit anderen Kindern spiele und sie würde allen erzählen, wie doof ich sei. Sie hat zum Glück irgendwann die Schule gewechselt, denn ich hab mich nicht wirklich gewehrt und bin stellenweise sehr ungerne zur Schule gegangen deswegen.

Genau deswegen hat mir das letzte Kapitel des Buches auch so gefallen. Wenn ihr es lest, werden ihr wissen, was ich meine.

Mein einziger Kritikpunkt war die Aussprache zwischen Johanna, Moritz und Raf und die Art, wie Raf und Moritz auseinander gehen und auch die darauf folgende Begegnung zwischen Johanna und Raf auf der Straße. Ich will nicht spoilern, aber für mich hat das nicht so ganz gepasst, nach der ganzen Vorgeschichte. Aber lest es am besten selbst, denn es lohnt sich wirklich.
Wäre auch ein gutes Buch für einen Buchclub, da es hier viele Diskussionsmöglichkeiten gibt.

Titel und Cover: Den Titel find ich genial. Schon beim ersten Lesen habe ich mich gefragt, wie der Zusammenhang zur Story ist und die Autorin hat ihn durch Moritz' Synästhesie perfekt eingebracht. Hier hab ich quasi nebenbei auch wieder was gelernt, denn ich hatte den Begriff schon oft gehört, aber konnte vorher nie richtig etwas damit anfangen. Dementsprechend schlicht und passend ist dann auch das Cover meiner Meinung nach.

Würdest du dieses Buch erneut lesen? Ja! Ich bin übrigens zu dem Schluss gekommen, dass ich diese Frage hier entweder demnächst weglasse oder aber die Antworten etwas modifiziere. Denn es kommt mittlerweile doch häufig vor, dass ich zwar nach dem Lesen denke, dass ich das Buch nicht unbedingt nochmal lesen möchte, aber dass es trotzdem gut war, dass ich es gelesen habe. Wisst ihr was ich meine? Vielleicht hat ein Plot Twist es so wahnsinnig gut gemacht, den ich aber eh nie vergessen werde und daher das Leseerlebnis beim zweiten Mal bei weitem nicht so gut sein wird, wie beim ersten Mal. Oder ich habe einfach für mich viele wichtige Infos mitgenommen und und und. Muss ich mal drüber nachdenken...

Mittwoch, 1. Januar 2020

[Werbung / kostenloses Rezensionsexemplar] Kein Plan ist auch keine Lösung - Kyra Groh



Zusammenfassung: Mara hat alles im Griff. Der Job als Assistentin einer erfolgreichen Influencerin ist zwar etwas nervig, aber läuft. Die Beziehung mit ihrem Verlobten Sebastian ist jetzt nicht gerade leidenschaftlich, aber dafür stimmt bei ihm die Altersvorsorge. Die Wohnung ist nicht unbedingt nach ihrem Geschmack eingerichtet, aber die Designermöbel sind schon schick. Kurzum: Maras Leben läuft planmäßig, ruhig und schön unaufgeregt. Bis Sebastian sich von ihr trennt und sie aus der Wohnung schmeißt. Plötzlich ist Maras ausgeklügelter Lebensplan dahin und sie muss sich einen Plan B überlegen. Aber was, wenn Plan B auch nicht funktioniert? Dann gibt es ja noch C, D, E, F, … Oder man macht einfach mal gar keine Pläne. So wie Marius. Seines Zeichen Filmemacher, wahnsinnig charmant, sieben Jahre jünger, und planlos glücklich. Also definitiv kein Mann für Mara. Bis sie merkt, dass manchmal gar kein Plan auch eine Lösung sein kann…

Meine Meinung: Hierfür habe ich meine Wunschbuchpunkte bei Vorablesen eingelöst und ich muss sagen, sie waren - wie erwartet - gut investiert. Zwar gab es das Buch nur als E Book aber das nehme ich hier gerne mal in Kauf. Das Buch ist genau so vollgepackt mit guter Laune, tollen Figuren und Lebensweisheiten, wie ich es von Kyra gewohnt bin. Vor allem mit Mara konnte ich mich sooo gut identifizieren. Ich plane auch so gerne, möchte alle Eventualitäten im Blick haben und kann es gar nicht leiden, wenn ein Plan mal nicht aufgeht. Und außerhalb meiner Komfortzone fühle ich mich wirklich extrem unwohl, daher kann ich Veränderungen oft erst mal per se nicht leiden.
Doch an Maras Geschichte erkennt man eben wieder mal schnell, dass nicht immer alles nach Plan läuft in diesem komischen Ding, das sich Leben nennt. Und man lernt noch so viel mehr. Dass nach Regen wirklich immer irgendwann Sonnenschein folgt. Dass man ständig an sich arbeiten und selbst reflektieren sollte. Dass es gar nicht so schlimm ist, wenn man auch mal um Hilfe bittet UND sie auch noch annimmt. Dass man sich ruhig mal entschuldigen kann und dass das oft gar nicht so weh tut.

Und können wir bitte nochmal über die tollen Charaktere sprechen? Wie großartig sind Kitty und Anne? Und wie arschig Sebastian? Und wie süß die ganzen Tiernamen in dem Buch :D Diese kleinen Details sind auch etwas, was ich an Kyras Schreibstil schätze. Und diese vielen "Schmunzelmomente" weil ein Charakter wieder etwas so gnadenlos Ehrliches oder Selbstironisches sagt (und nicht zu vergessen: Harry Potter Verweise! Das zieht bei mir einfach immer!!!).
Jeder, der mal wieder Lust auf ein Buch hat, das zwar leicht und flott zu lesen ist, aber dennoch weit entfernt von dem typischen ganz seichten Frauenroman ist bei Kyra Groh genau richtig. Denn es schleichen sich auch immer wieder ernste Themen ein (hier sind es die schwierigen Familienverhältnisse von Mara und eine längst überfällige Entschuldigung), die den Büchern ein bisschen mehr Tiefe verleihen. Sehr gut gelungene Mischung!

Ich freue mich schon so dolle, dass dieses Jahr noch ein Buch von ihr erscheint. Bis dahin folge ich ihr einfach weiter fangirlmäßig bei Instagram und lese noch Tage zum Sternenpflücken. Ich kann euch die Bücher von ihr wirklich nur empfehlen.

Titel und Cover: Zugegeben, das Cover ist mir zu pink und ich hätte es im Laden nicht in die Hand genommen. Die Idee mit dem Schild gefällt mir total gut, das hätte aber gerne größer ausfallen und somit mehr in den Vordergrund gerückt werden können. Den Titel find ich hingegen toll. Eignet sich auch direkt gut, um es auf T-Shirts und Jutebeutel zu drucken (alleine schon um alle planungswütigen wie mich ab und zu an etwas mehr Gelassenheit zu erinnern ;)).

Würdest du dieses Buch erneut lesen? Definitiv. Ich werde es mir auch noch als Taschenbuch besorgen.