Montag, 17. Februar 2020

[Werbung / kostenloses Rezensionsexemplar] Ein wenig Glaube - Nick Butler

Zusammenfassung: Ein schmerzhaft-schöner Familienroman, der die Macht und die Grenzen des Glaubens mit besonderem Feingefühl erkundet: Lyle und Peg Hovde empfinden es als großes Glück, dass ihre Tochter Shiloh samt Enkelsohn wieder nach Hause zurückgekehrt ist. Doch bald treibt Shilohs neue Glaubensgemeinschaft einen Keil in das harmonische Familienleben. Als sich abzeichnet, dass auch der fünfjährige Isaac in die Fänge der Sekte geraten könnte, müssen die Großeltern eine folgenschwere Entscheidung treffen, die die Familie vollends entzweien könnte.

Meine Meinung: Das Thema Sekten hat mich aus irgendeinem Grund schon immer sehr fasziniert und daher wurde ich direkt hellhörig, als ich den Klappentext gelesen habe. Die Leseprobe war dann auch richtig gut und so habe ich mich riesig gefreut, als ich die Mail mit der Gewinnbenachrichtigung bekommen habe. Die Geschichte wird ausschließlich aus der Sicht von Lyle, also von Isaacs Großvater erzählt, springt aber in der zeitlichen Abfolge ein bisschen hin und her. Für das Verständnis der Geschichte ist das aber nicht hinderlich, im Gegenteil. Die Rückblicke aus Lyles und Pegs Anfangszeit, aus Shylos Kindheit und Jugend fügen sich eher zu einem Gesamtbild und liefern die ein oder andere Erklärung. 

Ich war fasziniert von dem erzählerischen Talent des Autors. Ohne Effekthascherei schafft er es, langsam und subtil Spannung aufzubauen. Erst ist noch alles gut, während Shyloh mit Isaac bei ihren Eltern wohnt, dann sollen sie mal mit zu ihrer Kirche kommen, dann kommt sie mit Steven zusammen...
Das Buch ist nach Jahreszeiten unterteilt und zwischendurch beschreibt Butler die Gegend, in der Plye und Peg wohnen, und wie sie sich im Laufe der Jahreszeiten verändert. Das wirkte auf mich wie eine kleine Pause von der Geschichte und hat dennoch wunderbar hineingepasst.
Hinzu kommt das zweite Thema: Lyles bester Freund Hoot bekommt eine Krebsdiagnose und Lyle und seine Familie versuchen, ihn so gut es geht zu unterstützen. Einerseits fügt sich diese Handlung natürlich wunderbar in die Haupthandlung ein und andererseits passt es einfach gut zum Thema des Buches. Wie wichtig ist Glaube? Wie sehr kann er helfen? Wie sehr schaden? Ab wann ist es keine Gemeinde mehr, sondern eine Sekte?

Mir haben die vielen unterschiedlichen Ansätze im Buch unglaublich gut gefallen. Wie schon oft gesagt, ich finde es grandios, wenn ein Buch es schafft, mich nachdenklich zu machen. Meine eigene Meinung zu hinterfragen. Im Idealfall erweitert es meinen Horizont und bringt mich dazu, Dinge aus einer mir bislang unbekannten Perspektive zu betrachten. Ich selbst halte es in Glaubensfragen wohl größtenteils mit Otis:

"Ich habe noch nie verstanden, was das soll - eine organisierte Religionsgemeinschaft", sagt Otis schließlich. "Sei ein guter Mensch. Tu niemand anderem weh. Betrüge nicht und sei nicht gierig. Das scheint mir doch ziemlich simpel zu sein. Da brauche ich doch keine verdammte Anleitung, die mich auf dem Pfad der Tugend hält. Oder ein paar Steinplatten, in die der Blitz etwas eingraviert hat. Oder irgendeine himmlische Belohnung. Ich brauche auch keinen besonderen Wochentag, der für so etwas reserviert wird. Alle Tage sind wichtig, jeder einzelne."

Wobei ich durchaus auch an sowas wie Schicksal glaube, aber eher in der Hinsicht, dass jedes Ereignis einen Sinn hat (das setzt aber auch eine gewissen Bereitschaft voraus, das so zu sehen) und an etwas Größeres, was wir (noch) nicht begreifen, beweisen oder erklären können.
Fakt ist, dass der Autor so wunderbar schöne und traurige Momente zusammenfassen kann. Insgesamt hatte das Buch eine sehr melancholische Grundstimmung, was vielleicht an Lyle als Hauptcharakter lag. Ich war beeindruckt, wie lebensecht und nachvollziehbar viele Situationen beschrieben wurden. Selten habe ich Szenen beim Lesen so genau vor Augen gesehen. Das ist schon echte Kunst!
Und andauernd habe ich mich gefragt, wie ich an Lyles und Pegs Stelle reagiert hätte und inwiefern sie überhaupt etwas hätten ändern können. Ich kann es nicht sagen. Sie waren mir als Charaktere jedenfalls unglaublich sympathisch und lebensecht und ich habe bei vielen von Lyles Ansichten innerlich bestätigend genickt. Ein tolles Paar :)

Lyle hatte schon oft gedacht, dass die von so großspurigen und grausamen Männern regierte Welt im Grunde genommen von Frauen wie Peg zusammengehalten wurde. Von Frauen, die im Stillen litten, die eine unermessliche Liebe verströmten und die am Ende eines jeden Tages alles wieder zusammenflickten, nachdem sie jedem das Gesicht gewaschen, den Bauch gefüllt und seine Ängste beschwichtigt und vertrieben hatten. Und am nächsten Morgen fingen sie damit wieder von vorne an, ohne jeden Tusch, ohne jede Fanfare.

Die Geschichte beruht übrigens auf einer wahren Begebenheit (eigentlich und leider sogar auf vielen wahren Begebenheiten) und macht daher nur noch nachdenklicher. 

Titel und Cover: Titel ist perfekt gewählt, er hat von Beginn an gepasst, aber nach dem Lesen ist er noch viel treffender. Immer dieser Zweifel, ob man nun einfach nur ein bisschen stärker glauben muss oder ob man nicht anfangen sollte, misstrauisch zu werden. Auch das Cover gefällt mir. Es zeigt die ländliche Gegend, in der Lyle und Peg wohnen und durch die Streifen, die das Bild älter wirken lassen, findet Lyles Gefühl Ausdruck, dass ihm die Zeit für alles davonrennt und sich alles verändert, während er nicht hinterher kommt. Sehr schön gemacht!

Würdest du dieses Buch erneut lesen? Ja!

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