Zusammenfassung: Ein Dorf, eine Insel, eine ganze Welt: Karen Köhlers erster Roman erzählt von einer jungen Frau, die als Findelkind in einer abgeschirmten Gesellschaft aufwächst. Hier haben Männer das Sagen, dürfen Frauen nicht lesen, lasten Tradition und heilige Gesetze auf allem. Was passiert, wenn man sich in einem solchen Dorf als Außenseiterin gegen alle Regeln stellt, heimlich lesen lernt, sich verliebt? Voller Hingabe, Neugier und Wut auf die Verhältnisse erzählt „Miroloi“ von einer jungen Frau, die sich auflehnt: Gegen die Strukturen ihrer Welt und für die Freiheit. Eine Geschichte, die an jedem Ort und zu jeder Zeit spielen könnte; ein Roman, in dem jedes Detail leuchtet und brennt.
Meine Meinung: Ganz ehrlich? Hier kam in mir mal ein kleiner Snob hoch und ich habe mich bei Lovelybooks auf das Buch beworben, weil ich gehört habe, dass es auf der Liste für den Deutschen Buchpreis steht. Eigentlich gebe ich auf sowas nicht viel und bin auch schon oft genug damit auf die Nase gefallen, weil ich Bücher gelesen habe, die die Kritiker loben, die mir persönlich dann aber gar nicht zugesagt haben. Aber ich dachte, für lau könnte es dann ja nicht schaden ;)
Ich bin gut reingekommen in die Geschichte und man bekommt schon zu Beginn einen ziemlich guten Überblick über die Welt, in der die Protagonistin lebt. Sie wächst auf in einem kleinen Dorf, dass alle klassischen Eigenschaften hat, die man damit verbindet. Und es ist noch etwas extremer, es geht schon sehr in Richtung Sekte. Die Einwohner sind abergläubisch, misstrauisch gegenüber allem Fremden, haben immer alles im Blick. Zudem ist die Gemeinschaft streng gläubig und patriarchisch aufgebaut. Die Männer haben das Sagen, machen die Gesetze, treffen die Entscheidungen. Die Frauen und Kinder müssen gehorchen. Frauen dürfen außerdem nicht Lesen und Schreiben lernen. Das Leben dort ist sehr einfach, es gibt keinen Strom, und der Alltag ist von viel harter Arbeit auf den Feldern geprägt. Und wie alle streng gläubigen Gemeinschaften suchen sie für alles, was sie ratlos zurücklässt, einen Sündenbock. Da unsere Protagonistin als Findelkind auf die Insel und ins Dorf gekommen ist, gehört sie nirgendwo richtig dazu, darf sie keinen Namen haben und auch nichts besitzen. Da ist es ja klar, dass sie auch als Sündenbock herhalten muss. Von den Kindern des Dorfes wird sie tagtäglich beschimpft und auch manche Erwachsene werden ihr gegenüber ausfallend oder sogar gewalttätig. Andere Dorfbewohner wiederum behandelt sie zumindest mit Respekt, auch weil sie fleißig ist, beim Betvater aufwächst und man sie für Arbeiten ausleihen kann.
Anhand der Beschreibungen der Protagonistin merkt man unterschwellig immer die Wut auf all diese Ungerechtigkeit. Wie soll sie irgendetwas beurteilen von den Vergleichen, die die Älteren immer anstellen? Sie kennt ja nichts außer die Insel und es ist ihr verboten, diese zu verlassen. Und wieso behandeln sie alle so schlecht, obwohl sie sich doch solche Mühe gibt?
Gleichzeitig zu dieser Wut und diesem Sich-Fremdfühlen kommen aber auch immer wieder kleine Momente der Freude und der Vertrautheit auf. Besonders die jährlichen Rituale im Einklang mit den Jahreszeiten lösen bei ihr größtenteils ein heimeliges Gefühl aus. Und sie kocht sehr gerne und kann bei dieser und auch bei anderen nützlichen Tätigkeiten abschalten. Auch für ihre Zieheltern, den Betvater und Mariah, hegt sie liebevolle Gefühle. Ich kann ihre Freude über das Geschenk, das Mariah ihr macht, daher wirklich gut nachvollziehen. Sie hat noch nie etwas besessen und nun bekommt sie direkt mehrere Dinge, die ihr viel Bedeuten. Ich fand den Moment so schön, als sie mit den Buchstaben auf dem Bett saß und sich auf die neue Welt gefreut hat, die sich ihr nun bald eröffnen wird. Das können wir Leseratten ja nur bestätigen, ne? ;)
Alles in allem hat mir das Buch wunderbar gefallen. Es ist kein schönes Buch, es macht nicht glücklich, aber es ist ein Buch, was man Lesen sollte. Weil es aktuell ist. Nicht unbedingt hier in Deutschland, wo wir in einer aufgeklärten Gesellschaft leben, aber in ganz vielen Regionen dieser Welt ist es brandaktuell. Ich würde mich nicht als radikale Feministin bezeichnen, aber die Aussagen dieses Buches sind treffend und die enthaltene Gesellschaftskritik durchaus nötig, daher kann ich die Kritik, die das Buch in dieser Richtung schon oft bekommen hat, nicht nachvollziehen. Mal abgesehen davon, dass es hier in meinen Augen generell um Unterdrückung geht, denn auch die Bethaus-Schüler zum Beispiel werden unter der Fittiche gehalten. Die Autorin schafft es außerdem, ohne Effekthascherei und ganz subtil nach und nach eine ungeheure Spannung aufzubauen. Mit jeder Seite wird klarer, dass bald irgendetwas Schlimmes passieren wird. Ich hab mich mit jedem neuen Schritt für die Protagonistin gefreut, war aber auch gleichzeitig jeder Person gegenüber misstrauisch und hatte Angst, dass ihr irgendwer in den Rücken fällt. Auch die Leute, denen sie vertraut. Zumal sie auch immer unvorsichtiger und auch aufmüpfiger geworden ist. Am Ende des Buches haben mich fast alle Charaktere einfach nur angewidert. Ich war unheimlich aufgewühlt. Mit einigem hatte ich so nicht gerechnet, aber das kann ich jetzt schlecht schreiben, ohne zu spoilern. Ich glaube jedenfalls, dass ich vor allem deshalb so angewidert war, weil ich sicher war, dass es sich auch in der Realität genau so abspielen würde.
Sprachlich wird hier auch richtig gezaubert wie ich finde. Beispielsweise hält der Ältestenrat die meisten Neuerungen von den Dorfbewohnern fern, damit sie nicht "drübensüchtig" werden und abhauen. Oder es fallen Sätze wie "Ein kurzer Abschied, dann husche ich aus der Tür und zickzacke durch die Gassen.". Mag ich! Genau so wie es gelingt, dass man zwar merkt, dass hier ein Kind im Übergang zur Frau schreibt, aber dennoch steckt so viel Weisheit in dem Geschriebenen. Beispielsweise wird immer gesagt "Sie kocht beim kochen und putzt beim Putzen." um auszudrücken, dass sie grade mit den Gedanken bei der Tätigkeit ist. Andersherum ist sie unkonzentriert, wenn sie "nicht beim Kochen kocht". Das liest sich jetzt vielleicht seltsam, im Buch wird es klarer und ich finde diese Art der Beschreibung großartig. Sprachlich gibt es hier also auch beide Daumen hoch.
Cover und Titel: Die Haptik des Buches ist wunderbar, da der Einband sich anfühlt wie in Stoff eingeschlagen und die Gestaltung ist schlicht und passend. Das Wasser spielt eine große Rolle im Buch und hat daher wohl auch seinen Weg aufs Cover gefunden. Schön war außerdem, dass bereits auf Seite 10 ein Hinweis auf den Titel zu finden ist. Miroloi ist der griechische Begriff für ein von Frauen gesungenes Klagelied. Treffender geht es nicht, oder?
Sprachlich wird hier auch richtig gezaubert wie ich finde. Beispielsweise hält der Ältestenrat die meisten Neuerungen von den Dorfbewohnern fern, damit sie nicht "drübensüchtig" werden und abhauen. Oder es fallen Sätze wie "Ein kurzer Abschied, dann husche ich aus der Tür und zickzacke durch die Gassen.". Mag ich! Genau so wie es gelingt, dass man zwar merkt, dass hier ein Kind im Übergang zur Frau schreibt, aber dennoch steckt so viel Weisheit in dem Geschriebenen. Beispielsweise wird immer gesagt "Sie kocht beim kochen und putzt beim Putzen." um auszudrücken, dass sie grade mit den Gedanken bei der Tätigkeit ist. Andersherum ist sie unkonzentriert, wenn sie "nicht beim Kochen kocht". Das liest sich jetzt vielleicht seltsam, im Buch wird es klarer und ich finde diese Art der Beschreibung großartig. Sprachlich gibt es hier also auch beide Daumen hoch.
(Kleine Frage, soll die Khorabel eine Wortmischung aus dem Koran und der Bibel sein?).
Zeitlich ist die Geschichte durch den Hinweis, dass die Protagonistin in einer Bananenkiste mit einer Zeitung abgelegt wurde, in der über die erste Mondlandung berichtet wird, ja recht gut einzuordnen. Die beschriebene Umgebung lässt auf Griechenland oder Ähnliches tippen. Letztendlich hatte ich den Eindruck, dass sich die Autorin aber sowohl bei dem Ort als auch bei den Speisen und den Ritualen in ganz verschiedenen Regionen und Religionen der Erde bedient hat. Hier wurde bewusst eine Mischung aus vielem geschaffen um zu verdeutlichen, dass Unterdrückung der Frau, Aberglaube und Missbrauch von Religion ein universelles Problem sind. Super!
Zeitlich ist die Geschichte durch den Hinweis, dass die Protagonistin in einer Bananenkiste mit einer Zeitung abgelegt wurde, in der über die erste Mondlandung berichtet wird, ja recht gut einzuordnen. Die beschriebene Umgebung lässt auf Griechenland oder Ähnliches tippen. Letztendlich hatte ich den Eindruck, dass sich die Autorin aber sowohl bei dem Ort als auch bei den Speisen und den Ritualen in ganz verschiedenen Regionen und Religionen der Erde bedient hat. Hier wurde bewusst eine Mischung aus vielem geschaffen um zu verdeutlichen, dass Unterdrückung der Frau, Aberglaube und Missbrauch von Religion ein universelles Problem sind. Super!
Cover und Titel: Die Haptik des Buches ist wunderbar, da der Einband sich anfühlt wie in Stoff eingeschlagen und die Gestaltung ist schlicht und passend. Das Wasser spielt eine große Rolle im Buch und hat daher wohl auch seinen Weg aufs Cover gefunden. Schön war außerdem, dass bereits auf Seite 10 ein Hinweis auf den Titel zu finden ist. Miroloi ist der griechische Begriff für ein von Frauen gesungenes Klagelied. Treffender geht es nicht, oder?
Würdest du dieses Buch erneut lesen? Oh ja!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Wenn du auf meinem Blog kommentierst, werden die von dir eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. deine IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Mehr Infos dazu findest du in meiner Datenschutzerklärung und in der Datenschutzerklärung von Google.