Meine Meinung: Das Buch steht schon so lange im Regal, dass ich gar nicht mehr weiß, woher ich es habe. Ich meine mich dunkel erinnern zu können, dass ich es mal auf dem Flohmarkt gekauft habe. Der kurze, prägnante Klappentext hat mich sofort angesprochen.
In der letzten Woche startete dann mein Urlaub und ich habe mir das Buch aus dem Regal gezogen und damit angefangen, während Tommy arbeiten war. Zu Beginn lernen wir Philip als einen scheinbar ziemlich normalen Teenager kennen. Er hat eine Freundin, ist beliebt, spielt Basketball, seine Eltern leben getrennt. In der Schule ist er ganz gut und seine Mutter hat wenig Zeit für ihn. Klingt eher durchschnittlich.
Philip erzählt aus der Ich-Perspektive aus seinem Leben. Er scheint manchmal antriebslos, kann oft die Emotionen anderer nicht so ganz nachvollziehen und fühlt sich daher andauernd für irgendetwas schuldig. Klingt auch noch recht normal für einen jungen Menschen in der Pubertät.
Er hat einen Onkel, der ein richtiger Waffennarr ist und der Philip heimlich, also hinter dem Rücken seiner Mutter, das Schießen beibringt. Und er hat einen Schulfreund, der ihm die Geschichten von seinem Onkel und den Schusswaffen nicht glaubt. Daher bringt Philip eine Waffe mit in die Schule. Ohne Hintergedanken, einfach, um sie seinem Freund Jason bei Gelegenheit zu zeigen. Doch der bekommt schließlich kalte Füße bei dem Gedanken, dass ein Lehrer davon Wind bekommen könnte.
Jason wollte, dass ich es aus meinem Spind holte, gleich hier und jetzt. Er würde im Wagen auf mich warten. Aber ich wollte nicht. Ich hätte es holen sollen, ich weiß schon, aber ich hatte irgendwie keine Lust dazu. Sogar wenn etwas wichtig ist, hab ich manchmal keine Lust dazu.
Und es kommt natürlich, wie es kommen muss. Der Schuldirektor bekommt Wind von der Waffe und als er den Spind zusammen mit zwei Polizisten kontrollieren will, holt Philip das Gewehr heraus und schießt das Magazin leer. 19 Schuss. 4 Tote, viele Verletzte.
Faszinierend ist dieses Buch, da es sich in exakt zwei Teile einteilen lässt. Der erste Teil ist der vor dem Amoklauf. Da erscheint einem Philips Leben nicht besonders außergewöhnlich und auch Philip selbst sieht es so. Er ist weder besonders glücklich noch besonders unglücklich.
Auch mir als Leser ist es schwer gefallen, mir vorzustellen, dass ein Junge wie Philip einen Amoklauf begehen könnte. Dennoch gibt es immer wieder kurze Passagen, die einen vielleicht doch aufhorchen lassen.
Wir reden auch nicht mehr so viel miteinander. Und das ist hauptsächlich meine Schuld. Ich will einfach nicht. Ich meine, ich bin früher immer ins Haus gestürmt und wollte ihr immer gleich alles erzählen, aber jetzt ist das nicht mehr so.
Nach dem Amoklauf ändert sich Philips Leben natürlich schlagartig. Er kommt ins Gefängnis, wird vielleicht zum Tode verurteilt, zwei knallharte Anwälte kümmern sich um seinen Fall und er denkt sehr viel über sich nach, aber sehr wenig über den Amoklauf. Und er empfindet auch nicht wirklich Reue.
In diesem zweiten Teil lernt man viel über das amerikanische Rechtssystem und auch die Einblicke in Phlips Gedankenwelt halte ich für sehr authentisch.
Und dann gibt es noch einen Teil, den größten, dem es einfach egal ist. Er hat keine Lust, sich damit zu beschäftigen, will sich nicht über etwas aufregen, was sich nicht ändern lässt. [...]
"Aber es ist dein eigenes Leben, über das wir reden.", so schreit er mich die ganze Zeit an, und man sollte ja auch denken, dass es mich mindestens genauso beschäftigt, genauso aufregt wie ihn, ob ich mein Leben behalte oder nicht.
Letztendlich gibt es hier keine blutigen Details und auch kein eindeutiges Urteil. Das braucht die Geschichte auch nicht und das war sicherlich auch nicht Anspruch des Autors. Es geht hier um den Blick in die Gedankenwelt eines verstörten und sicherlich auch kranken Jugendlichen. Und dieser Einblick ist ihm meiner Meinung nach sehr gut gelungen.
Ein sehr interessantes und außergewöhnliches Buch. So etwas hätte ich gerne mal im Unterricht gelesen.
Das Cover gefällt mir sehr gut. Es ist auf den ersten Blick schlicht, gleichzeitig aber auch sehr provozierend.
Und der Titel passt auch gut, denn nach einer solchen Situation folgt sicherlich oft Totenstille. Nach den Schüssen, im Kopf des Täters, im Kopf seiner Angehörigen, im Kopf der Hinterbliebenen, im Gerichtssaal. Und sicherlich auch schon vor alledem.
Würdest du dieses Buch erneut lesen? Ja.
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