Montag, 29. August 2022

[kostenloses Rezensionsexemplar] Dieser Beitrag wurde entfernt - Hannah Bervoets

Zusammenfassung: 
Mindestens 500 Beiträge pro Tag, maximal 7 Minuten Pause, beim Gang aufs Klo läuft die Stoppuhr – die Arbeitsbedingungen bei HEXA sind hart. Aber Kayleigh gefällt der neue Job, das Gehalt ist gut, und die schrecklich verstörenden Bilder, die sie für die Plattform prüfen muss, behandelt sie mit professioneller Distanz. Als sie sich in ihre Kollegin Sigrid verliebt, scheint ihr Glück vollkommen. Bis ihre Kollegen plötzlich zusammenbrechen oder Verschwörungstheorien anhängen, und Sigrid sich immer mehr distanziert. Ist Kayleigh dem Job als Einzige gewachsen? Oder merkt sie nur nicht, wie auch ihr moralischer Kompass sich auf gefährliche Weise zu verschieben beginnt?"Dieser Beitrag wurde entfernt" ist ein faszinierender, aufwühlender Roman darüber, wer oder was bestimmt, wie wir die Welt sehen, in der wir heute leben.


Meine Meinung: Der Titel macht recht klar, worum es in dem Buch geht und der Klappentext erklärt den Rest. Da wir heutzutage ja fast alle mit der Social Media Welt irgendwie in Berührung kommen und viele von uns - ich auch - sich jeden Tag dort aufhalten und konsumieren, fand ich das Buch direkt interessant. Ich würde generell sagen, dass ich ein gespaltenes Verhältnis zu Instagram und Co. habe. Ich nutze es sehr gerne, informiere mich viel mit Hilfe diese Plattformen, find es toll, wie schnell man sich darüber vernetzen kann und liebe es auch, etwas zu posten oder mich einfach unterhalten zu lassen. Ich weiß aber auch, wie schnell es abhängig machen kann, wie leicht es missbraucht wird von Menschen, die es nicht so gut mit anderen meinen und wie schnell sich dort Hass unter dem Deckmantel der Anonymität verbreitet. Ich bin wirklich kein Freund von Gewalt, aber es wäre mir doch lieber, wenn die Menschen sich mal ne Ohrfeige in der Dorfkneipe geben würden, statt stundenlang fremde Menschen im Internet zu beleidigen. Soviel zu meiner Einstellung vor der Lektüre des Buches.

Gelesen hatte ich es dann schnell, zum Einen weil es mit 113 Seiten eh ziemlich überschaubar ist und zum anderen, weil ich es auch quasi so interessant fand, dass ich es in einem Rutsch durchgelesen habe. In dem Buch geht es wirklich ausschließlich um Kayleigh und ihre Arbeitskollegen. Ihre Familie oder ihr sonstiges Leben findet nur ganz am Rande Erwähnung. Der Fokus soll hier ganz klar auf dem Thema Social Media und unseren Umgang damit liegen. 

Ich habe mir bislang nur sehr begrenzt Gedanken darum gemacht, welche Filter Firmen wie Instagram, Facebook, TikTok und Co. ansetzen und vor allem, wer sie ausführt. Sicherlich wird es Automatismen geben, die bestimmte Inhalte blocken. Aber letztendlich werden auch dort Menschen vorm PC sitzen, die sich viele Einzelfälle angucken müssen. Dazu reicht ein Blick unter Beiträge auf Web.de.....dort scheinen sich fast nur Trolle zu tummeln. 

Jedenfalls geht es in der Geschichte genau darum. Nach welchen Richtlinien löschen wir Online-Beiträge? Wer entscheidet das? Und wie schnell stumpfen wir ab? Die Rahmenhandlung des Buches ist, dass Kayleigh ihre Erlebnisse bei HEXA einem Anwalt schildert, der gegen das Unternehmen vorgehen will. Denn sie scheint die harten Arbeitsbedingungen (immer mehr Tickets abarbeiten in immer weniger Zeit, schlimme Bilder, verletzende Bilder...) besser wegzustecken, als andere. Sie kann besser Distanz wahren. Sie verliebt sich sogar in eine Arbeitskollegin, Sigrid. Doch gegen Ende des Buches wird die Gefahr der Arbeit und des ständigen Konsums immer deutlicher. Einige ihrer Arbeitskollegen öffnen sich immer mehr verschiedenen Verschwörungstheorien und als auch Sigrid beginnt, an Thesen wie die flache Erde zu glauben, gerät auch Kayleighs Welt immer mehr aus den Fugen.

Lediglich das Ende habe ich - glaube ich - nicht ganz verstanden. Sollte noch jemand das Buch gelesen haben: Ich bin zum Austausch bereit ;)

Aber das Buch hat mich definitiv dazu gebracht, noch intensiver über die Themen nachzudenken, die mich eh öfter beschäftigen. Wie viel Schaden richtet anonymer Hass im Internet an, wem folge ich, was teile ich? Wie finde ich heraus, ob wahr ist, was geschrieben wird? Spannend! Ich möchte auch die Autorin aus ihrem Schlusswort zitieren:

"Dieser Roman ist ein Werk der Fiktion, die Figuren und ihre Erlebnisse sind frei erfunden. Übereinstimmungen mit der Wirklichkeit sind jedoch alles andere als zufällig"

Titel und Cover: Den Titel finde ich super, denn wer hat diese Meldung nicht selbst schon mal bei einer Instagram Story wegen nicht vorhandenen Musikrechten oder was weiß ich gesehen (das Wort "Brustwarzen" schreibe ich besser nicht :D). Das Cover ist hübsch und ich hab es für mich als Himmel interpretiert, so weit wie eben auch das Internet. Es kann schön sein, es können aber auch schnell bedrohliche Wolken aufziehen (wir hatten letzte Woche auf der Arbeit das Thema Shitstorm oder Candystorm, auch sehr passend ;)). Gut gelungen!

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