Sonntag, 26. Juni 2016

Der Geschmack von Apfelkernen - Katharina Hagena

Klappentext: Als Bertha stirbt, erbt Iris das Haus. Nach vielen Jahren steht Iris wieder im alten Haus der Großmutter, wo sie als Kind in den Sommerferien mit ihrer Kusine Verkleiden spielte. Sie streift durch die Zimmer und den Garten, eine aus der Zeit gefallene Welt, in der rote Johannisbeeren über Nacht weiß und als konservierte Tränen eingekocht werden, in der ein Baum gleich zweimal blüht, Dörfer verschwinden und Frauen aus ihren Fingern Funken schütteln. Doch der Garten ist inzwischen verwildert. Nachdem Bertha vom Apfelbaum gefallen war, wurde sie erst zerstreut, dann vergesslich, und schließlich erkannte sie nichts mehr wieder, nicht einmal ihre drei Töchter. Iris bleibt eine Woche allein im Haus. Sie weiß nicht, ob sie es überhaupt behalten will. Sie schwimmt in einem schwarzen See, bekommt Besuch, küsst den Bruder einer früheren Freundin und streicht eine Wand an. Während sie von Zimmer zu Zimmer läuft, tastet sie sich durch ihre eigenen Erinnerungen und ihr eigenes Vergessen: Was tat ihr Großvater wirklich, bevor er in den Krieg ging? Welche Männer liebten Berthas Töchter? Wer aß seinen Apfel mitsamt den Kernen? Schließlich gelangt Iris zu jener Nacht, in der ihre Kusine Rosmarie den Unfall hatte: Was machte Rosmarie auf dem Dach des Wintergartens? Und wollte sie Iris noch etwas sagen? Iris ahnt, dass es verschiedene Spielarten des Vergessens gibt. Und das Erinnern ist nur eine davon.

Meine Meinung: Es gab zwei Gründe, weshalb ich dieses Buch unbedingt lesen wollte. Zum einen wurde das Buch vor einigen Jahren von allen Seiten über den grünen Klee hinaus gelobt und zum anderen hat mir der Titel so wunderbar gefallen. Er klingt poetisch, irgendwie nach Spätsommer und macht ein bisschen neugierig. Immerhin heißt es ja nicht "Der Geschmack von Äpfeln", den kennen die meisten ja sicher, sondern eben "Der Geschmack von Apfelkernen" und ich muss sagen, die habe ich noch nie gegessen. Man fragt sich also, wie das Buch zu diesem Titel kommt.
Nicht zuletzt fand ich dann auch das Cover so wunderschön, dass es nicht schwer fiel, dieses Buch irgendwann zu kaufen.

Nun muss ich aber leider sagen, dass ich mich damit ziemlich gequält habe. Das Lesen zog sich wie zäher Sirup und ich habe nie in das Buch bzw. in die Geschichte gefunden. Vielleicht lässt es sich auch vergleichen mit diesen schrecklich heißen, schwülen Sommertagen, an denen man das Gefühl hat, die Luft ist dick und schwer und man müsste sich durch etwas hindurch kämpfen. 
Dabei gibt es wirklich viel Poesie in dem Buch und ebenso den ein oder anderen Satz, der einen schmunzeln lässt.

"Die "Geheimwörter" waren am schwierigsten zu finden, das gehört sich auch so. Es waren Wörter, die so taten, als wären sie ganz normal, aber dann etwas ganz anderes, Wunderbares in sich trugen. Also das Gegenteil der "falschen Wörter". Dass man in der Aula meiner Schule eine verwunschene Südseeinsel finden konnte, gab mir Trost. Die Insel hieß "Schula-Ula", und es lag ein Schatz auf ihr vergraben.
Oder Straßenschilder mit dem Wort "Spurrillen" deuten in Wirklichkeit daraufhin, dass es hier in der Nähe irgendwas Köstliches, wahrscheinlich Östereichisches, zu essen gab: Warme Spurrillen-Knödel mit Vanillesoße stellte ich mir herrlich vor und freute mich jedes Mal, wenn wir an einem solchen Schild vorbeikamen."

Mir kam es leider so vor, als ginge es aber oft nur darum, eben etwas möglichst geblümt auszudrücken und als geriete dadurch das Erzählen einer Geschichte in den Hintgergrund. 
Ich bitte um Nachsicht, aber gefühlt passiert in diesem Buch einfach gar nichts. Nicht, dass ich ständig irgendwelche Sensationen bräuchte, ich behaupte sogar, dass ich auch etwas gemäßigtere Bücher sehr gerne lese, aber ich möchte doch zumindest das Gefühl haben, dass mir der Autor irgendetwas sagen möchte. Irgendetwas von Bedeutung. Natürlich, es geht um eine junge Frau, die sich nach dem Tod ihrer Großmutter an ihre Kindheit erinnert, aber mir fehlte hier leider ein bisschen die Struktur. Ständig wird zwischen Vergangenheit und Gegenwart gewechselt, immer werden irgendwelche Bruchstücke aus einem Gedächtnis hervorgekramt, die dann aber doch nur halb erzählt werden. Iris erinnert sich, Herr Lexow erinnert sich und alles wird seitenlang ausgeschmückt. Iris kommt, wie man so schön sagt "von Höcksken auf Stöcksken" und ich hab als Leser immer wieder die Lust verloren, ihr zu Folgen. Zu viele Bruchstücke aus den Leben von zu vielen Personen. Ich kam einfach nicht mehr mit.

Zwischendurch finden sich wunderschöne Sätze („Dunkelgelbe und rosarote Schirme aus Schafgarbe neigten sich über die Wege, und als ich sie zurückbog, rochen meine Hände nach Kräutern und Sommerferien.“), aber das alleine macht eben noch kein gutes Buch.

Es tut mir leid, denn ich hatte mich wirklich gefreut, dieses Buch zu lesen, aber wir haben einfach nicht zusammen gepasst. Vielen anderen hat es aber offensichtlich sehr gefallen, so ist das manchmal. ;)

Würdest du dieses Buch erneut lesen? Nein. Aber ich denke, ich behalte es. Wegen dem schönen Cover und um mir ab und an mal einen schönen Satz für eine Karte oder ein Poesie-Album rauszusuchen.

2 Kommentare:

  1. Kati - DITO!!! Ich war gerade ganz baff, dass Du das Buch hier stehen hast und rezensierst. Ich habe das nämlich auch damals gekauft - weil es eben so gelobt wurde - und es seitdem im Bücherregal stehen. Damals habe ich es angefangen, aber mich auch total gequält... es ist tatsächlich eins der wenigen Bücher, das ich nicht zuende gelesen habe. Deshalb: Respekt, dass Du es geschafft hast! Und danke, dass ich mich jetzt auch nicht mehr ganz so mies fühlen muss, weil es mir nicht gefallen hat ;D
    Auf dass das nächste besser wird!

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    1. Ich kommentiere ja auch wieder richtig zeitnah :D egal. Was ich eigentlich sagen wollte: Ich bin froh, dass ich nicht alleine bin mit der Meinung. Hatte erwartet, direkt virtuell gesteinigt zu werden ;) Aber da sieht man mal wieder, nicht jeder Bestseller muss zwangsläufig überzeugen.

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